Comic Radio Show

The Art Of Marvel

Rezensionen / Superhelden
geschrieben von ReinholtReitberger am 19.08.2001, 17:03 Uhr

Kunst kostet!


CoverReichtum ist was Wunderbares. Von dem mit 89 Märkern für mich eher preiswerten Kunstbuch "The Art of Marvel Comics" stellte ich mir gleich mal drei Stück ins Regal. Ich liebe Kunstbücher, die machen einfach was her wenn Besuch kommt. ;-)

Mein Freund Franz dagegen überlegt seit Tagen, ob er nun soll oder nicht. Ist irgendwie doof, wenn du nicht so wohlhabend bist. "Wieso überlegst du denn?" frage ich ihn. "89 Mark ist ein Haufen Kohle", sagt Franz. "Aber du hast hier doch Alex Ross satt, dazu Moebius, Jusko, Simon Bisley und all die anderen tollen Zeichner! Insgesamt 42 Stück!" Ich vermeide dabei die Nennung des mehrfach vertretenen Bill Sienkiewicz [1], da ich ihn nach all den Jahren immer noch nicht richtig aussprechen kann. "Ja, schon", sagt Franz, "aber mir ist es trotzdem noch zu teuer."



Elektra von Bill SienkiewiczDas ist das Schöne, wenn man etwas Geld hat: Natürlich habe ich Franz "The Art of Marvel Comics" geschenkt. Einfach so. Was sind schon 89 Märker? Beschwingt von meinem Edelmut und Gutmenschentum setzte ich mich gestern an den Kamin, lies mir einen sehr alten Cognac einschenken und während die Buchenholzscheiter knisterten, begann ich in "The Art of Marvel Comics" zu blättern.



Das Ding hat ja leider keinen Text, nur unter jedem Bild steht der Name des Künstlers und der englische Titel. Für Italien, Frankreich, Deutschland und sonstige englischsprachige Länder wurde also in Italien eine einzige Auflage gedruckt. Nur auf dem Schutzumschlag steht hinten verschämt 89 Mark auf deutsch. Eigentlich ist das dann doch ganz schön teuer, wenn man bedenkt, was so eine internationale Produktion für Geld spart und was so etwas bei Taschen kosten würde.



Wolverine von MoebiusAber schön ist "The Art of Marvel Comics" trotzdem. Die etwas gestelzten, kühlen Posen von Moebius, die handwerkliche Perfektion von Joe Jusko oder Adam Kubert, die auf Pseudokunst getrimmte Vortäuscherei eines David Mack und der leicht antiquiert wirkende Sienkiewicz mit dem unverzeihlichen Namen - alle können so toll malen und sind jeden Pfennig, jede Lira und jede Peseta dieser internationalen Produktion allemal wert.



Und vor allem dann Alex Ross! Dem bin ich ja so dankbar, weil er mit seinen vielen Fans die gesamte Comicbranche am Leben hält. Alex Ross, der seine Freunde fotografiert und dann diese Vorlagen handwerklich perfekt nachmalt.



Avengers von Alex RossAlso bei dem vom großen Axel Ross nachgemalten Covern (FF und Avengers) des legendären Jack Kirby wird es dummerweise überdeutlich: In seiner Glanzzeit damals war auf einer Seite von Jack "King" Kirby mehr echte Kreativität als bei allen hier versammelten Kunsthandwerkern (mit Ausnahme von Simon Bisley [2], den ich auch gelten lasse, der aber kein typischer Marvel Artist ist genauso wenig wie Moebius).



In "The Art of Marvel Comics" fehlt Jack Kirby, wahrscheinlich weil er nicht in Öl malte. Die Kunst der Comics ist aber auch noch etwas anderes als Ölschinken, mit Farbstift erhöhte Gouachen (Malerei mit Wasserdeckfarben - musste ich auch nachschlagen - svl) oder die sonstigen, auf Schau gepinselten Mischtechniken. Aber für 89 Mark kann man sich "The Art of Marvel Comics" schon ein bis zweimal ins Regal stellen. (rr [3])



The Art Of Marvel Comics

Zeichnungen: 42 Zeichner von Bisley bis Wrightson

Ohne Text

128 Seiten, Hochglanz, Leineneinband mit Schutzumschlag

Marvel, 89.- DM

Januar 2001

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