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Die Schanzen Babes komplett

Interviews / Independent
geschrieben von Maqz am 08.06.2010, 00:00 Uhr

Calle Claus im Interview

Calle Claus: Die Schanzen Babes Vielleicht wird er der Mann sein, der in die Geschichte eingeht, als für das erste Comic-Cover der Band Wir sind Helden verantwortlich zeichnet. Vielelicht wird man sich an ihn erinnern, als den legendären Lehrer der Comiczeichnen an der Hamburger Volkshochschule und bei der Comicademy unterrichtet hat. Vielleicht ist er DER Calle Claus, der seine Creation "Die Schanzenbabes" mit den legendären "Didi & Stulle" in einem Comic zusammenbrachte. Oder es ist einfach nur ein Mann mit einer Alliteration im Namen. Wir haben mal nachgefragt, was C.C. dazu meint.

ComicRadioShow: Hallo Calle. Wie lebt sichs denn so mit Deinem Namen?


Calle Claus: Zu Schul-Zeiten habe ich eher drunter gelitten, inzwischen finde ich es eigentlich ganz praktisch, dass mein Papa (selber Künstler) mir damals einfach direkt einen Künstlernamen verpasst hat.


CRS: Und wo siehst Du deinen zukünftigen Platz im Comic-Zeichner-Olymp?


C.C.: Weiß nicht. Ich glaube, dass meine Sachen ziemlich speziell sind, und das ganz breite Publikum eher nicht erreichen. Bei Preisverleihungen bin ich auch noch nie bedacht worden. Ist mir aber auch nicht so wichtig, „ich mach halt mein Ding“.


CRS: Was war das noch mal für eine Geschichte mit dem Wir sind Helden-Cover?


C.C.: Olle Kamelle inzwischen. Mark, der Bassist der Band, ist mein alter WG-Mitbewohner und guter Kumpel. Der hat dann halt an mich gedacht. Leider reichte es nur für eine Maxi. Den fetten Auftrag für das Folgealbum inkl. Albumcover und „Wetten dass“ -Bühnendeko hat dann eine Schulfreundin von Sängerin Judith bekommen. Shit happens...

Calle Claus: Die Schanzen Babes

CRS: Und wie kommt man mit Comiczeichnen an eine Dozenten-Stelle?


C.C.: Mein Vater (inzwischen in Rente) war Professor an der Uni Hannover, Fachbereich Kunsterziehung. Durch den habe ich mir damals meinen ersten Dozentenjob „erschlichen“, weil die Studenten dort gern praktischer arbeiten wollten, und jemand gesucht wurde, der Illustration unterrichten kann. Mit dem Job als Referenz war es danach natürlich gut möglich, sich für weitere ähnliche Jobs zu bewerben.


CRS: Aber was uns alle brennend interessiert: Wie hast Du Fil überzeugt Didi & Stulle bei Dir auftreten zu lassen?


C.C.: Den musste ich nicht groß überzeugen. Ich habe 2004 schon für seine „Teufel und Pistolen“- Miniheftreihe einen ellenlangen Gastbeitrag gemacht („School Yard Love“). Ich bin schon seit jeher Riesenfan von seinen Sachen, und er mag meine Comics auch. Ich habe ihn einfach gefragt, ob ich einen Gastbeitrag fürs Didi & Stulle-Album machen kann. Die Idee, das Liz und Gwen auf die beiden Schweine-Prolls treffen, fand ich spannend. Und wenn man dann in einem Fil-Album abgedruckt wird, macht man das auch schon mal gern ohne Bezahlung.

Calle Claus: Die Schanzen Babes

CRS: Welche Geschichte steckt eigentlich hinter der Serie "Die Schanzen Babes", die jetzt bei Edition 52 erschienen sind? Gibt's die beiden wirklich, oder sind sie nur ein Bild gewordenes Substitut für ein hamburger Lebensgefühl?


C.C.: David Siems, der damalige Chefredakteur von hamburg:pur bat mich damals, ob ich im Zuge eines Relaunch des Heftes eine Comicseite beisteuern könnte. Es sollte um Hamburger Jugendkultur gehen, das war die einzige Vorgabe. Sowohl für Liz als für Gwen gibt es real existierende Vorbilder, weibliche Bekannte von mir, an die sie locker angelehnt sind. Aber im Prinzip sind sie liebevolle Karikaturen der Mädels, die so am Schulterblatt auf der Straße sitzen und den ganzen Tag moderne Kaffee-Spezialitäten zu sich nehmen. Ich lege aber Wert darauf, dass es mir nicht um ein realistisches Bild von jungen Damen um die 20 geht. Dann müssten die beiden auch ganz andere Sachen machen, z.B. ständig mit Mobiltelefonen rumhantieren. Im Grunde sind die beiden pure Fantasie mit leichten Anklängen an die Realität. Diese ganze Club- und Party-Welt ist mir als hart auf die 40 zugehendem Familienvater inzwischen sowieso eher fremd geworden.


CRS: Wie beschreibst Du Deinen eigenen Zeichenstil? (Oder besser: Bitte vervollständige den Satz "Ich zeichne wie ..., weil...")


C.C.: Ich zeichne wie Calle Claus, weil der so schöne knuffige Formen macht.

Calle Claus: Die Schanzen Babes

CRS: Gibt es Zeichenkünstler, denen Du nie nacheifern möchtest, weil sie sich in Dienen Augen verkauft haben und elende Medien***** sind? (Wir wollen Namen hören!)


C.C.: Nein, nein. Wenn ich da jetzt einen vom Leder lassen würde, legt man mir das ja eh nur als Neid aus. Im Grunde wünscht sich doch jeder Comiczeichner, außerhalb des Comic-Ghettos wahrgenommen zu werden. Das war ja auch das Reizvolle an den „Schanzenbabes“


CRS: Was ist für Dich das beste Kaufargument für die Schanzenbabes, die doch eigentlich schon im „hamburg-pur“ zu sehen waren?


C.C.: Hamburg-pur ist ein typisches „Altpapier-Magazin“. Dünnes Papier, gratis, etc. Das ließt man kurz durch und ab auf den Müll damit. Deshalb ist es natürlich toll, dass es die Strips, in denen ja viel Arbeit steckt, jetzt in einer wertigen Form zu kaufen gibt. Auf schönem Papier, mit herrlich seidigem Cover und vielen Extra-Illus und den besagten Gastseiten ... ein Traum! Ich bin sehr stolz drauf.


CRS: Wen konntest Du wie als GastzeichnerIn in Dein Album bringen (...und warum)?


C.C.: Jule, Wittek und Olli Ferreira sind Hamburger Freunde, die ich unbedingt mit drin haben wollte. Klaus Cornfield ist der einzige Nicht-Hamburger Gastzeichner. Ich wollte unbedingt sehen, wie Liz und Gwen in seinem Strich aussehen. Und siehe da: grandios! Hut ab vor allen Vieren!

Calle Claus: Die Schanzen Babes

CRS: Wie reagieren die Leute / die Mädels im Schanzenviertel auf Deinenen Comic.


C.C.: Die Reaktionen, die einem mitgeteilt werden, sind naturgemäß eher die positiven. Viele Frauen finden toll, wie akribisch ich Klamotten recherchiere und zeichne, und fühlen sich auch in ihrem Wesen gut getroffen. Ob das typische hippe Schanzenmädel sich aber überhaupt für Comics interessiert, halte ich für eher unwahrscheinlich.


CRS: Die massive Präsenz von (Meerjung-)Frauen in Dienen Comics ist ziemlich auffällig. Wann fing das an?


C.C.: Mit ca. 3 Jahren habe ich meine Mama gebeten, mir Zöpfchen zu machen, und ein Kleid anzuziehen. So wollte ich draußen spielen. Nach einigem Hadern hat sie das dann sogar gemacht. Wir wohnten damals in einer recht ruhigen Ecke von Bremen, gehobene Wohnlage, deshalb war mit Schlägen nicht zu rechnen. Es bleib allerdings bei diesem einen Mal. Irgendwie habe ich wohl selber gemerkt, dass das nicht so gut ankam, weil „man das nicht macht“.


CRS: Und warum hält es weiterhin an?


C.C.: Ich finde weibliche homo sapiense faszinierend. Auch abseits der erotischen Komponente: Ich stelle mir vor, dass es super sein muss, ein hübsches Mädchen zu sein. Alle sind nett zu dir und bewundern dich und wollen dich kennenlernen. Das muss doch toll sein. Und für Zeichner geben Mädchen natürlich einiges her: Haare , Klamotten, Wimpern, Schuhe und, und, und. Da kann man sich richtig ausleben. Ein wunderbares Ventil. Jungs zeichnen ist doch öde.

Calle Claus: Die Schanzen Babes

CRS: Zeichnest Du die Comics des Geldes wegen?


C.C.: Haha. Meine Brötchenjobs verschieben sich in letzter Zeit mehr und mehr weg vom Zeichnen, hin zu Texter und Autoren-Jobs. Das war schon immer mein zweites Standbein und Steckenpferd.


CRS: Was ist Dein liebstes Nicht-Comic-Projekt?


C.C.: Im Moment WM-Bildchen sammeln! (Oh nein, schon wieder Bildchen). 22 fehlen mir noch! Bald bin ich komplett!


CRS: Was sagst Du Deinen Schülern in der ersten Stunde als erstes?


C.C.: Hallo, ich bin Calle. Ich kann auch nicht richtig zeichnen, aber zusammen werden wir es schon lernen. Kleiner Scherz... Meine Maxime als Lehrer ist: Es gibt auch in der scheußlichsten Zeichnung irgend etwas zu loben. Das tue ich dann zuerst. Als zweites kommt dann das große „Aber“, und dann die vernichtende Kritik des Meisters.

Calle Claus: Die Schanzen Babes

CRS: Und was genau sollten sie sich merken, wenn sie als Comiczeichner etwas erreichen möchten?


C.C.: Comiczeichnen ist was für Nerds, Autodidakten und Besessene. Erreichen im eigentlichen Sinne kann man damit nichts. Eher wird man schief angeguckt. Es sei denn, man ist Uderzo.


CRS: Wann gibt's Deine Comics für das iPad?


C.C.: Ich bin Papier-Fetischist. Eipett kenn ich nich.


CRS: Ist das für Dich ein Trend, den Du mitgehen würdest, Digitale Comics von Calle Claus im Apple-Shop?


C.C.: Na klar, auf jeden Fall. Immer gern. Aber da sollen sich mal meine Herren Verleger drum kümmern. Ich nehme dann das Geld in Empfang. Aber das kriegt ja eh alles Onkel Jobs...

Calle Claus: Die Schanzen Babes

CRS: Wo kann man dich demnächst persönlich treffen?


C.C.: Von Freitag bis Sonntag auf dem Erlanger Comicsalon.


CRS: Und was können wir nach der Schanzen Babes Release Mega-Party und den Millionen verkauften Alaben Neues von Dir erwarten?


C.C.: Ich habe eine ellenlange graphic novel, so sagt man ja heute wohl, in Arbeit. „White Line“ wird sie heißen, und wenn mir mein Sohn Gustav (zweieinhalb) mir demnächst mal wieder etwas Zeit und Muße gönnt, werde ich damit vielleicht auch noch mal fertig. Es ist meine bisher längste Geschichte, und jetzt kommt’s: Es kommt kein einziges hübsches Mädchen darin vor! Es ist eine fast 150 Seiten lange seltsame Odyssee eines (männlichen) Protagonisten. Das ganze ist schwer von meiner Lieblings-TV-Serie „Lost“ inspiriert, funktioniert aber ganz anders.

Calle Claus: Die Schanzen Babes

CRS: Noch einen letzten Wunsch an Deine Fans (und unsere Leser)?


C.C.: Kauft bitte umgehend alle meine Bücher! Ich mal euch auch was Schönes rein!


CRS: Calle Claus, vielen Dank für das Gespräch!

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