Comic Radio Show

Approximate Continuum Comics

Rezensionen / Independent
geschrieben von HeHe am 19.08.2001, 16:25 Uhr

Cover Das pralle Leben des Lewis Trondheim

Hadern und Zweifeln. Eine karierte Jacke spaziert durch liebevoll gezeichnete Stadtlandschaften und redet Unsinn. Alltägliche Selbstbetrachtungen der schlechten Laune, bis dem Miesepeter eine noch schlimmere Nervensäge vor den Schnabel kommt und echte Superkräfte sich entladen...

Die karierte Jacke kleidet den französichen Comiczeichner Lewis Trondheim. Er lässt sich vom Publikum begleiten durch den eigenen Alltag: "Approximate Continuum Comics" heißt das Werk, eine Annäherung also an den gefeierten Star, ein Versuch vielleicht? Auf den ersten Blick wirken die Episoden ziellos aneinander gereiht: der Abend in der Kneipe, die Arbeit im Atelier, eskalierende Parties, jene Reise in die Staaten. Bald mag sich der Leser fragen, wer eigentlich zerstreuter ist, er selbst oder derjenige, der dieses Short-Story-Epos zusammen gesampelt hat?



BeispielDie autobiographischen Tagträume des Comiczeichners bieten keinen Haltepunkt. Szenen wechseln fliessend, Rückblicke und Gegenwart gehen in einander über. Und dann scheint das Ganze auch noch Absicht zu sein. In der Zufälligkeit liegt wohl Methode. Denn der Künstler erspart uns die Eitelkeiten der Selbstdarstellung, er macht sich darüber lustig. Das Comiczeichnen ist nunmal ein einsames Geschäft, vom Hadern und Zweifeln zerfressen. Im Backstage eines Zeichner-Ateliers geht es mitunter nicht weniger mühsam zu, als beim Psychoseminar frustrierter Handarbeitslehrerinnen. Da kann man Freunde und Kollegen auch gleich mit freundlichen Tiergesichtern ausstatten und belanglose Dialoge bei der Entstehung "grosser Kunst" erheiternd-entlarvend als solche wiedergeben.



Die Freunde und Kollegen, denen Trondheim hier ein Denkmal setzt, stammen fast alle - wie er auch - aus der Zeichner-Community "L'Association". Deren neue Pariser Schule hat sich durch ungemeine Produktivität im selbstorganisierten Verlag einen Namen gemacht. Denn so lukrativ der Markt für "Bandes Dessinées" in Frankreich erscheint, ist es auch umso schwieriger, gegen die alten Ikonen Hergé oder Moebius [1] und vor allem die arrivierten Verlage anzuzeichnen. Der 35jährige Lewis Trondheim bedient sich dabei der klassischen klaren Linie und dem traditionellen Genre der "Animal-Funnies". Doch seine Erzählweise ist inspiriert vom Underground und intellektuellen Independent-Comic.



Entsprechend psychedelisch wandelt Trondheim bei "Approximate" die eigene Gedankenwelt zur Karikatur. Wird schon niemand auf den Gedanken kommen, alle Zeichner seien weggetretene Faulenzer, gewalttätige Misanthropen oder arrogante Kunstbanausen. Aber vielleicht ist das ja gerade so?! (hehe [2])



Approximate Continuum Comics

Text und Zeichnung: Lewis Trondheim

152 Seiten, DIN B5

Reprodukt 39.90 DM

September 1999


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