Das Comic-Magazin über europäische Comic-Kultur
Editorial:
Liebe Leser,
wir haben Sie nach der Zack-Serie des Jahres 2009* gefragt, und Sie haben abgestimmt. Etwa fünf Prozent unserer Leser haben an der Wahl teilgenommen, was für eine solche Umfrage ein guter Rücklauf ist. 70% davon sind Abonnenten und 26% regelmäßige Käufer.
Absolutes Schlusslicht im Jahr 2009 war die Erzählung um den Großwesir Isnogud. Das neue Team der Tabary-Söhne scheint den Geist der Altvorderen Renè Goscinny und Jean Tabary einfach nicht beschwören zu können und hat die Leser schlichtweg gelangweilt.
Note vier für den Wesir, der Kalif anstelle des Kalifen werden will, aber seine Leser nicht mehr fesselt. Mit drei minus folgen am Ende der Skala Mäx, Mr. President und Dekker. Auch diese Funnys scheinen nur die wenigsten zum Lachen gebracht zu haben.
Aber wenden wir uns den freudvollen Dingen zu. Platz drei mit einer Note zwei nimmt Die Legende von Malemort ein. Die Vampirgeschichte vor historischem Hintergrund konnte die Leser überzeugen, was auch die Verkaufszahlen der Alben beim Splitter Verlag belegen.
Knapp vor Die Legende von Malmort konnte sich allerdings El Nino platzieren. Die spannende Erzählung um eine Art Robin Hood der Mangrove zieht die Leser in ihren Bann und verlangt nach Fortsetzung, weshalb wir im Sommer-Programm 2010 der Zack-Edition zwei weitere Doppel- bzw. Dreifachbände eingeplant haben.
Klare Nummer eins mit einer Note eins minus ist der im zweiten Weltkrieg angesiedelte Thriller Es war einmal in Frankreich. Der zweite Teil um Widerstandskämpfer und Kollaborateure im besetzten Frankreich scheint einen zurzeit herrschenden allgemeinen Wunsch nach Auseinandersetzung mit der näheren deutschen Vergangenheit zu befriedigen. Kritisch, spannend und historisch belegt erzählen Fabien Nury und Sylvain Vallée die Geschichte des jüdischen Unternehmers Joseph Joanovici, der alles tut, um die seinen vor den Besatzern zu retten. Und die Leser wissen dies zu goutieren. Grund genug für uns, den dritten Teil bereits im Sommer 2010 in Zack zu veröffentlichen und dem ersten Teil einen Programmplatz in der Zack-Edition einzuräumen.
Weiterhin haben wir Sie nach der Erscheinungsfrequenz unseres Magazins gefragt. Während bei derselben Umfrage im Internetforum etwa 75 Prozent für eine Umstellung auf 14täglich votierten, konnten sich gerade mal 45 Prozent der Teilnehmer an unserer Wahl dafür erwärmen. Dieses Ergebnis und der Arbeitsaufwand für die kommenden Titel der Zack-Edition haben uns bewogen, die Frage der Erscheinungsfrequenz auf das kommende Jahr zu verschieben. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben.
Und jetzt möchte ich Ihnen viel Spaß mit u.a. dem neuesten Abenteuer von Andy Morgan wünschen, dass – trotz aller Dementis – wieder aus der Feder von Hermann Huppen stammt. Wie sagte schon James Bond: „Never say never!“.
In diesem Sinne
Ihr
Georg F.W. Tempel
Chefredaktion
Die Comics des Monats:
• Black Crow: Der blutige Hügel (S. 5 – 17, 13 Seiten)
• Dein Freund & Helfer: Entflammte Bullen ( S. 18, eine Seite)
• Mingamanga: Kruzitürk und Sowobini-Bayer (S. 21 – 25, 5 Seiten)
• Blue Space: Der Tycho-Vorfall (S. 31 – 40, 10 Seiten)
• Der Vertrag Polstar: John Eigrutel (S. 49 – 55, 7 Seiten)
• Der Samariter: Bethsabee von Jerusalem (S. 59 – 70, 12 Seiten)
• Andy Morgan: Gefahr auf dem Fluss (S. 73 – 81, 9 Seiten)
• Epictetus (S. 82, Strip)
Redaktionelle Beiträge:
• Black Crow Intro (S. 4, eine Seite)
• Das große ZACK-Interview mit Peter Wiechmann (S. 42 - 45, 4 Seiten)
• John Eigrutel – einer der weltgrößten Filmproduzenten (S. 48, eine Seite)
• Ritter Roland: Gesamtausgabe bei CrossCult (S. 56 – 57, 2 Seiten)
• Zuletzt gefragt: Hermann Huppen (S 82, ca. halbe Seite)
• Die Rückkehr des Andy Morgan - Intro (S. 72, eine Seite)
Kauka – Zack – Comicon – Cross Cult:
Das große ZACK – Interview mit Peter Wiechmann
Peter Wiechmann (Jahrgang 1939) gehört zu den bekanntesten deutschen Comic-Machern. Außerdem hat Peter Wiechmann als Comic-Autor viele bekannte Serien, darunter Andrax, Hombre und Capitan Terror kreiert. Über viele Jahre war er der „Schatten“ von Rolf Kauka. 1964 stieg er beim Kauka-Verlag in das Comic-Geschäft ein. Peter Wiechmanns Karriere bei Kauka verlief sehr erfolgreich: Ursprünglich als Redaktionsmitarbeiter verpflichtet, stieg er zum Redaktions- und Produktions-Direktor und später bis zum Geschäftsführer des Kauka-Verlages auf. 1976 übernahm er für kurze Zeit als Chefredakteur das Comic-Magazin ZACK, das im Koralle-Verlag, einer Tochtergesellschaft des Axel-Springer-Verlags, erschien. Nach seiner ZACK-Zeit gründete er das Comic Service Studio COMICON. Das verlagerte er bald nach Barcelona und produzierte von dort aus mit seinen Zeichnern 23 Jahre lang eigene und fremde Comic-Serien, Comic-Magazine, Werbung und Spiele. COMICON existiert und produziert unter der Leitung von Freund und Multitalent Christof Ruoss weiter. Nach dem Ende seiner Spanienzeit erfolgte Peter Wiechmanns Heimweg über die Pyrenäen nach Deutschland. Er lebt heute im bayrischen Pöcking am Starnberger See.
Peter Wiechmann zu seiner Zusammenarbeit mit CrossCult:
ZACK: Wie kam es zur Zusammenarbeit mit dem Cross Cult-Verlag?
[1] Peter Wiechmann: Andreas Mergenthaler ‚kaufte’ mich sozusagen zusammen mit der Drucklizenz ( = Frau Alexandra Kauka) als Neu-Texter, Schreiber der Editorials am Ende jeden Bandes und als Zusammensteller des Serien-Materials für die fünf Bände. Daraus entwickelte sich dann die gute Zusammenarbeit, die bislang in ANDRAX, THOMAS DER TROMMLER und in den beiden HOMBRE-Bänden mündete.
ZACK: Die erste Serie, die bei Cross Cult neu veröffentlicht wurde, war Andrax. Wie entstand der Serientitel?
Peter Wiechmann: Der Serienname Andrax dürfte auf einer phonetischen Verschärfung des catalanischen Namens Port d'Andratx beruhen. Die Hafenstadt auf der Insel Mallorca wird in den Prospekten sowieso mehr und mehr als Port Andrax ausgedruckt ... weil es sich einfacher spricht! Die Römer nannten ihre Siedlung im Ursprung Andrachium.
ZACK: Wer hatte die Idee zu Andrax und wer gehörte außer Ihnen zum Kreativteam? Wie kam die Serie an?
Peter Wiechmann: Die Serientaufe selbst geht auf Jordi Macabich zurück. Studiochef von Bardon Art – oberster Dompteur der Zeichnerelite und Serienproduzent in den Zeiten von primo. Jordis Familie kommt seit altersher aus Mallorca. Damit wären die recht realistischen Mutmaßungen über die Namensgebung zum ersten Mal in der Welt und die Gemüter können sich daran erwärmen.
Der Serie selbst bahnte damals ein anderer Schwertschwinger namens Kronan den Weg zu primo. Sie entstand auch in Barcelona und stammte aus der Feder des katalanischen Zeichners Jaime Brocal Remohi. Sein Muskelpaket Kronan marschierte in germanischer Urwüchsigkeit durch die martialischen Gefilde der nordischen Götter- & Heldenepen in leicht südländischer Interpretation und Abwandlung.
Leider aber gelangte der Nachschub an neuen Seiten immer nur nach zähem (Preis-) Ringen über die Pyrenäen. Deshalb suchte ich eine besser sprudelnde Quelle und fand sie – wie immer – bei Bardon Art in Barcelona. Jordi Macabich hörte sich meine Vorstellungen zur Serie an und bestimmte Jordi Bernet als kreative Vollzugsperson der redaktionellen Wünsche und Vorgaben. Für mich war der Zeichner noch ein unbeschriebenes Blatt, aber nach dessen ersten ANDRAX-Skizzen änderte sich das schnell...!
ANDRAX stieg steil zu einer der Leitserien in primo auf und eroberte sich - so schnell wie bald darauf Capitan Terror – die Lesergunst. Nach dem Verkauf des Kauka-Verlages und einem kurzen Andrax-Gastspiel bei ZACK ging die Serie in den Archiv-Schubladen auf Tauchstation. Das Geheimnis um Andrax Irrwanderungen durch Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft erfährt seine – sehr überraschende – Lösung bei Cross Cult!
ZACK: Im Namen des Herrn zur Hölle: Der Dreißigjährige Krieg! Unter diesem Zusatztitel ging Thomas der Trommler für Cross Cult an den Neustart. Wie sahen ihre Vorbereitungen zu diesem besonderen Buch aus?
Peter Wiechmann (rückblickend): Zu diesem – einst in YPS selig gestarteten – Schicksals-Comic aus den Wirren einer jahrzehntelangen Zeit des Mordens, der Schlachten, Scharmützel, der Pest, der Folter und des Hungers setzte ich vor einigen Tagen den Schlusspunkt unter das Manuskript. Außer all den neu getexteten Trommler-Episoden erwarten euch Leser sehenswerte Dokumentationen über das Kämpfen, Leben und Sterben der Landsknechte und Söldner, durch Bilder, Stiche, Radierungen zeichnender Zeitzeugen grausam lebendig gehalten.
Mit dem kühlen Blick des unbestechlichen Beobachters wurde der Nachwelt Entsetzliches vom Kämpfen, Köpfen, Foltern, Erdulden, Plündern, Huren, Saufen, Verrecken, Totschlagen, Auf-das-Rad-flechten, Zersägen, Hängen ... und das Überleben überliefert. Ich habe diese erschreckenden Bilddokumente aus zwei Zentner Buchbestand herausgefiltert damit sie ihren Platz neben der grandiosen Bildgeschichte von Juan Sarompas und Josep Gual einnehmen. Eins steht für mich fest: Thomas der Trommler wird durch die Cross Cult-Ausgabe mit ganz neuen Augen gesehen werden! Die einst schon populäre Serie gewinnt noch einmal sehr kräftig an Ausstrahlung!
[2]
ZACK: Der weitere Slogan, von Ihnen selbst ausgegeben, hieß „Go West! ...“ Mit HOMBRE gibt es nach 30 Jahren ein Wiedersehen mit Ihrer Western-Serie, die damals mit einigem Erfolg in YPS veröffentlicht wurde…
Peter Wiechmann: Meisterzeichner Rafael Mendez gab dieser Serie genau die von mir angestrebte Optik. Sein unnachahmlicher Strich – scheinbar hingefetzt – erzeugt das raue Bild einer rauen Zeit. Da kommt nichts gefällig in glattem Hollywood-Glamour daher! Die Figur des Hombre ist eine Mischung aus Burt Lancaster in seinem Streifen „Valdez kommt!“ (Wir haben dessen hartnäckige Zielstrebigkeit und seine extrem weit reichende Büffelbüchse entliehen) und etwas Manos Kelly. Von ihm stammt der zerbeulte Stetson...
Auch sonst ist die Serie von bester Originalität und ich freue mich auf das erneute Abtauchen in die Schauplätze Prärie, Rockys, Western-Towns und Outlaw-Camps ... auf der Jagd nach dem Lonely Wolf, dem der Pinkertonagent Ronegall Dawson an den Fersen klebt ...
Rückblick: Für diesen Coup war 1978 die Zeit reif. Die YPS-Redaktion gab mir die großartige Chance, auf einen Schlag fünf neue Serien zu kreieren und mit namhaften spanischen Artists zu produzieren. Ich nutzte die unwiederbringliche Gelegenheit, arbeitete Tag & Nacht wie in Trance und es entstanden: Mister Melone, Bens Bande, Gries, Gram & Grimm und eben HOMBRE wie auch THOMAS DER TROMMLER!
Nach 15 spannenden Episoden hatte HOMBRE seine feste Fangemeinde unter den YPS-Lesern. Darunter auch Joachim Kaps, der spätere Mitherausgeber des Comicfachmagazins COMIXENE. Er fand es 1996 an der Zeit, HOMBRE ein Comeback zu verschaffen. Doch Joachim Kaps kam erst die Einstellung des Magazins COMIXENE und dann wohl der Ruf zu Carlsen dazwischen. Und wir bei COMICON waren nicht böse ... denn die Arbeitsflut drohte mal wieder über uns zusammenzubrechen.
Wir rechneten locker mit einem Aufleben des Gedankens in unbestimmter Zukunft - und genau so kam es ... wenn auch erst nach etwas mehr als einem Jahrzehnt. Denn auch Cross Cult -Verleger Andreas Mergenthaler las sich seinerzeit auf den Spuren von HOMBRE durch die Abenteuer in YPS – und aktivierte nun seine lebhaften Erinnerungen. Fazit: 30 Jahre nach der Premiere erfuhr meine Serie ihr - wie die Fans bestätigen – verdientes Comeback!
Das komplette Interview gibt es in ZACK 129!
News: S. 46 - 47
• Jacques Martin gestorben [3]
• Tibet verstorben [4]
• Isnogud DVD
• Gut kombiniert / Baker Street
• 24h Comictag zur Leipziger Buchmesse
[5]
• Die Reise ohne Ted
• Gratis Comic Tag 2010
[6]
• Warlord
• Jessica Blandy
Spotlights: S. 27 - 29
• Codex Angelique: Kompendium der Engel
• Der Wald der Jungfrauen 1
• Fahrenheit 451
• Sleeper 4: Das lange Erwachen
• Fundsache: Die Abenteuer der Minimenschen 32: Melting-Pot
• Ganz tief aus dem Archiv: Rocketeer in 3-D
• MOSAIK 411: Die Entführung aus dem Serail
Novitäten (S. 26)
Termine (S. 30)
• Diverse Ausstellungen + Börsen + Messen + Veranstaltungstermine
Vorschau (S. 82)
… u. a. mit folgenden Comics …
• Andy Morgan
• Napoleon Tran
• Black Crow
• Blue Space
• Der Samariter
• Der Vertrag Polstar
… und diesen Artikeln …
• Animalz von Enki Bilal
• Von Hasen, Enten und andern Menschen: Trondheim, Sfar und Larcenet
• Zuletzt gefragt: Jean Léturgie
ZACK 129 / März 2010 / 84 Seiten
ZACK erscheint beim MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag und kostet im Handel im Einzelverkauf 7,90 €. Abonnement-Bedingungen sind im Magazin erläutert oder können beim Verlag erfragt werden.
© der Abbildungen liegt bei den jeweiligen Verlagen und Autoren + MOSAIK Verlag
|