Comic Radio Show

America's Best Comics No.1

Rezensionen / Superhelden
geschrieben von Aleks A. am 19.08.2001, 16:18 Uhr

Give us Moore!


Cover von Alex RossEs ist schon recht amüsant, dass ausgerechnet der Engländer Alan Moore, der in den USA Einreiseverbot hat, sich ganz im Alleingang dran machte, Amerikas beste Comics zu texten. Um die schiere Unmenge seiner teilweise recht unregelmäßig erscheinenden Comic-Reihen zu bewältigen, hat sich Speed, nachdem in Erlangen ein sehr schönes Preview-Heft verkauft wurde, entschieden die "American´s Best Comics" in Form von Sammelbänden mit unterschiedlichen Serien herauszubringen.

Den Reigen eröffnet "Tom Strong", die wohl opulenteste und zugänglichste "American´s Best Comics"-Serie. In der Rahmenhandlung erhält der kleine Timmy (der bereits im Previews-Heft die Hauptrolle spielte) sein lang ersehntes "Strongmen of America"-Einführungspaket. Hierin wird dann die Entstehungsgeschichte Tom Strongs ganz im Stile klassischer Pulp-Helden wie Tarzan, Captain Future oder Doc Savage erzählt.

Während Timmy seinen Tom Strong-Comic liest, kämpft sein Held im HintergrundStrongs Eltern erleben Schiffbruch und stranden auf einer exotischen Insel. Da Strongs Daddy Erfinder ist baut er in einem Vulkankrater ein tolles Heim. Doch durch einen Vulkanausbruch werden er und seine Frau getötet und gutmütige Eingeborene ziehen den kleinen Tom groß. Der Junge Timmy ist von der Lektüre dieser Geschichte so fasziniert, dass er gar nicht bemerkt, wie in seiner direkten Nähe Tom Strong einen Superschurken bekämpft. "Tom Strong" wirkt schon beim ersten Lesen, auch bedingt durch die klaren Zeichnungen des Co-Schöpfers Chris Sprouse, wie ein altbekannter Klassiker.

Der zweite Beitrag des Sammelbandes ist ungleich chaotischer und unübersichtlicher. "Top 10" spielt im zehnten Polizeirevier der Stadt Neopolis. Der Kniff bei dieser an die Dramaturgie amerikanischer TV-Serien ("Hill Street Blues") und Buddy-Movies ("Lethal Weapon") angelehnten Comic-Reihe besteht darin, dass in Neopolis alle Bewohner Superkräfte haben und in teilweise ziemlich verschmutzten Kostümen herumrennen. Wer unbedingt den Grund hierfür wissen möchte, sollte Alan Moores detailverliebtes Nachwort lesen.

Cover der US-No.1 - von Alex Ross"Top 10" ist eine Weile halbwegs faszinierend mit seiner Überfülle von phantasievoll gestalteten Charakteren, wird dann jedoch zunehmest unübersichtlich und beginnt ein wenig auf den Keks zu gehen. Der nervöse Zeichenstil von Gene Ha und Zander Cannon passt hierzu perfekt. (Ich dagegen halte Top 10 für ABC's beste Serie, auch nach mittlerweile 10 US-Heften - svl)

Der dritte Beitrag des Sammelbandes besteht gleich aus mehreren höchst unterschiedlichen Komponenten, denn mit der Reihe "Tomorrow Stories" möchte Alan Moore an klassische Comic-Anthologien der fünfziger Jahre (wie etwa "Amazing Fantasies") anknüpfen. Daher erzählt er drei recht unterschiedliche Stories. Den Auftakt macht ein an Will Eisners "Spirit" angelehnter Krimi mit dem maskierten Helden "Greyshirt", der allerdings genau wie Eisners Detektiv in der Geschichte nur eine Nebenrolle spielt.

Randale im FernsehstudioAls nächstes folgt ein Auftritt des Superhelden "First American" und seines weiblichen Mündels "U.S.Angel". Die beiden bekommen es mit einem besonders gefährlichen Schurken zu tun: Dem TV-Talker Jury Swinger (eindeutige Karikatur von Jerry Springer, dem US-Meiser). Auch die detaillierten Zeichnungen von Jim Baikie machen diese Geschichte zum Höhepunkt der Storysammlung. Die leicht erotische Superheldin "The Cobweb", die den Abschluss des Bandes bildet, verblasst dagegen dann ganz schön.

Trotz der genannten Schwächen (auch eine schlappe Moore-Geschichte ist immer noch eine überdurchschnittlich gute Comic-Geschichte) ist der Sammelband eine bunte Wundertüte voller exzellent realisierter toller Einfälle.

PS: Tomorrow Stories wurde übrigens in diesem Jahr mit einem Eisner- [1] und einem Harvey-Award für die beste Anthologie ausgezeichnet. Außerdem gab's Preise für Alan Moore als bester Szenarist, Kevin Nowlan als bester Inker und Todd Klein als bester Letterer. Dazu einen Eisner für Tom Strong No.1 (beste Einzelausgabe), Tom Strong No.4-7 (beste Umsetzung einer längeren Geschichte) und Top 10 (beste neue Serie). Beeindruckende Liste, oder? (hl [2])

America´s Best Comics - Bd.1
enthält: Tom Strong No.1, Top Ten No.1 und Teile von Tommorow Stories No.1
Texte: Alan Moore
Zeichnungen: Chris Sprouse, Al Gordon, Gene Ha, Zander Cannon, Jim Baikie, Melinda Gebbie und Rick Veitch
96 Seiten, Prestige-Ausgabe
Speed, 19.80 DM/sFr, 179.- öS
November 2000

ISBN: 3-933773-58-X


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