Comic Radio Show

Affentheater von Florent Ruppert und Jerôme Mulot

Rezensionen / Independent
geschrieben von jochen am 28.05.2009, 00:00 Uhr

Menschenzoo


Affentheater [1] Die Erlebnisse zweier Portrait-Fotografen klingen erst einmal nicht besonders aufregend. In Rupperts und Mulots "Affentheater" sieht das aber anders aus, was zum Teil an den durchaus bizarren Aufträgen liegt. Aber vor allem weil die Fotografen nicht einfach nur diese Aufträge erfüllen, sondern sie oft subversiv erweitern und an bissigen und humorigen Kommentaren nicht sparen.

Zu den Autoren schreibt die Edition Moderne:
Florent Ruppert und Jerôme Mulot wurden 1979 bzw. 1981 geboren und lernten sich während des Studiums an der École nationale supérieure d’arts in Dijon kennen. Florent Ruppert lebt und arbeitet in Paris, Jerôme Mulot in St.Ouen und Paris. Im Gegensatz zu den meisten Zeichnerduos hat nicht einer die Rolle des Texters und der andere die des Zeichners, sondern sie machen beide alles. Und im Gegensatz zu allen anderen zeichnen sie oft sogar zeitgleich am selben Bild. Die Geschichten sind grafische Dialoge zwischen den beiden. 2007 wurden sie am Comic-Festival von Angoulême als die meist versprechenden Newcomer ausgezeichnet.


Affentheater

Man kann sich beim Lesen des Comics durchaus vorstellen wie die Autoren sich gegenseitig zu neuen Höchstleistungen anstacheln. Der Humor des Comics ist schon beeindruckend, fies, gemein, provokativ, im Halse steckend bleibend, sich nicht um einen ordentlichen Eindruck scherend, nicht für jeden was, aber dadurch gerade eigentlich wieder für jeden was.

Aufgebaut ist der Comic in zwei Ebenen, zum Einen wird fortlaufend vom Einbruch der Fotografen, mit Video- und Fotokamera bewaffnet, in den Zoo berichtet, was sie dort des Nachts aufnehmen wollen sei jetzt mal dahingestellt. Diese Rahmenhandlung wird durch Berichte von einzelnen Auftragsarbeiten unterbrochen. Diese sind meist ungewöhnlich, wenn nicht von Vornherein dann machen die Fotografen durch ihren Dialog selbst aus einer harmlosen Porträtaufnahme eines Jugendlichen eine wüste Schwulenbeschimpfung. Als sie einen Auftrag von einem mit Narben im Gesicht versehen bekommen spinnen sie sich auf dem Weg wilde Ursachen dafür zusammen, graphisch immer nur mit einem Bild angedeutet so dass die Leser zum Weiterspinnen der Ideen "gezwungen" werden. Getoppt wird das dann durch die eigentliche Ursache und daraus resultierende ärgerliche Konsequenzen bei der Aufnahme.

Affentheater

Spätestens an dieser Stelle wird einem klar was für einen wilden und anarchischen Band man in Händen hält. Man will nicht mitlachen und weiter lesen, aber man muss sich zwingen sich diesem unmoralischen Machwerk auszusetzen, muss sehen wie niederträchtig sie es treiben, muss sich der Provokation aussetzen, um sich genüsslich am verbotenen Humor zu erfreuen, sich zu ergötzen am absurden Treiben. Der Comic macht einem das Lachen einfach, der Witz ist selten der Nahe liegende, aber auf merkwürdige Weise eigentlich doch. Der Comic macht einem das Lachen aber auch schwierig weil er doch ab und an über die Grenzen des "guten" Geschmacks geht, da muss jeder Leser für sich selber entscheiden wo noch gelacht werden darf.

Graphisch ist das nicht besonders aufregend. Ein sehr reduzierter Strich, durchweg gekonnt, die Zeichner wissen was sie tun. Die Grafik erzählt und tritt meist hinter die Handlung und den Humor zurück. Der Seitenaufbau ist sehr abwechslungsreich und auch die Erzählgeschwindigkeit kennt unterschiedliche Tempo, in der Comicsprache kennen die Autoren sich aus.

Affentheater

Es gibt auch wunderschöne interaktive Elemente, so haben sie Wundertrommeln im Band abgebildet, damit man den Band nicht zerstören muss gibt es die auch als Filmchen [2] im Netz (weitere nicht ganz jugendfreie gibt es unter einem anderen Link). Dazu gibt es unter Anderem noch den Versuch von 3D-Comics durch Stereogramme, die für mich aber nicht funktioniert haben.


Affentheater
von Florent Ruppert und Jerôme Mulot
112 Seiten, s/w, Klappenbroschur
Edition Moderne, Euro 14.80 / sFr. 24.80


Affentheater kannst Du gerne auch hier kaufen. [3]


(c) der Abb.: Edition Moderne und Autoren

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