Comic Radio Show

Interview mit Daniel(tage) Henze

Interviews / Biographisch
geschrieben von Maqz am 28.07.2008, 00:00 Uhr

"Ich bin nicht Flix. ... Ich bin auch nicht Mawil."


Danieltage [1] Er lebt in Berlin, er zeichnet aus senem Leben und er stellt es ins Internet. Der gezeichnete Blog von Daniel Henze [2] beschreibt umzüge, Fussballverletzungen, sehr schöne Optikerinnen oder die Frage nach der Weltformel. Schlicht in schwarzweiss mit viel Charme einfach aus dem Leben erzählt. Wir haben mal wieder wissen wollen, was hinter dem gezeichneten Seelenstrip steckt und haben einfach angefragt bei Daniel...

Danieltage

ComicRadioShow: Servus Daniel! Dein gezeichneter Blog Danieltage verrät ja viel über Deine persönlichen Gedanken, aber im „i“ liest man eigentlich nur: „Daniel Henze / Berlin“. Wer bist Du also? Ich brauch jetzt das Label zur Schublade, in die wir Dich stecken können!

Hallo Markus! Du hast recht. Eigentlich kann man sich bis dahin nur zusammenreimen, dass ich in der großen Stadt wohne und arbeite, und nebenher Comics darüber mache.

Ich zeichne aber schon länger, und es gibt ein Leben vor den Danieltagen. Ich habe in den letzten Jahren in lockerer Reihenfolge verschiedene Minicomics produziert, dazu kamen eine Reihe Onepager und auch Postkarten. Das geschah aber alles recht gemächlich, und es gab eigentlich auch keine Öffentlichkeit.
Im letzten Jahr habe ich dann begonnen, ein gezeichnetes Tagebuch zu führen, und seitdem ist plötzlich eine ganze Menge passiert. Im Januar hatte ich eine große Ausstellung, es gab die Veröffentlichung in Jazam, dann den Launch meiner Internetseite, ich war in Erlangen und jetzt werde ich interviewed. Soviel Interesse an meiner Arbeit gab es noch nie. Ich fühle mich gerade beschleunigt.


CRS: Warum heisst’s eigentlich nielh.de ?
Ganz einfach: „nielh“ ist zusammengesetzt aus den letzten Buchstaben meines Vornamens und dem Anfangsbuchstaben meines Nachnamens.
Die Suche nach einem Domainnamen war ziemlich schwierig. Ich war eine Weile auf der Suche, aber alle meine Favoriten waren vergeben. Beim Herumprobieren verschiedener Möglichkeiten kam dann irgendwann „nielh“ heraus. Der Name ist schön kurz, und die meisten, die den Namen einmal in die Adresszeile ihres Browsers getippt haben, vergessen ihn so schnell nicht wieder. Aber das Beste: Die Domain war frei!


CRS: Die Frage, die ich in der letzten Zeit häufiger über Dich höre: Ist das nicht Flix? Deine Antwort?
Ich bin nicht Flix. Das sieht Flix übrigens ganz ähnlich. Hab ihn gefragt.
Nur zur Verwirrung: Auf der (sehr empfehlenswerten) Linkliste von Mawil steht neben meinem Bildchen, dass ich ja wie Mawil aussehen würde. Und bevor Du jetzt fragst: Ich bin auch nicht Mawil.

Danieltage
CRS: Ok, mal ganz von vorne: Wie bist Du eigentlich auf die Idee gekommen einen gezeichneten Blog zu machen?
Auf einer Reise im letzten Jahr habe ich ein Reisetagebuch gezeichnet. Nachdem ich wieder zuhause war, habe ich daraus ein kleines Heft gemacht, das ich im Freundes- und Bekanntenkreis verteilt habe. Ich war mit dem Ergebnis so glücklich, dass ich in einem Anfall von Übermut begonnen habe, in Berlin auch ein gezeichnetes Tagebuch zu führen. Und nachdem ich das ein paar Monate gemacht hatte, wurde mir empfohlen, das ganze doch online zu stellen, was dann wiederum ein paar Monate später geschah.

CRS: Und wie waren die Reaktionen Deiner Freunde/Zeichnerkollegen auf Dein „Werk“?
Die Reaktionen waren bisher sehr positiv. Manche reagieren allerdings auch mit Unverständnis, weil sie nicht verstehen können, warum man sich solche Mühe macht, wenn man doch nichts damit verdienen kann. Lesen tun sie es trotzdem.

CRS: Wie oft besuchst Du andere Comic-Blogs zur Inspiration/Ideenklau?
Gerne regelmäßig. Lässt die Zeit aber nicht immer zu.

CRS: Was zeichnest Du sonst noch so?
Zur Zeit nicht so furchtbar viel. Nach Feierabend noch die Danieltage zu zeichnen hält mich ganz ordentlich auf Trab.

CRS: Wann gibt es ein Druckerzeugnis von Danieltage?
Gute Frage. Von mir aus 2009, dann hätte man ein ganzes Jahr im Buch. Aber bis dahin muss ich natürlich auch erst mal durchhalten...
Danieltage
CRS: Wie magst Du die Comic-Szene in Berlin beschreiben?
Ich kenne noch gar nicht so viele Zeichner in der Stadt persönlich. Deshalb kann ich wohl nicht so viel dazu sagen. Ich erlebe das im Moment eher als ein lockeres Nebeneinander. Aber vielleicht ist das bei anderen anders.
So weit ich weiß gibt es Ateliergemeinschaften, und es gibt mindestens einen Comicstammtisch in der Stadt. Leider habe ich es aber noch nie dorthin geschafft.
Manchmal trifft man auch einen Kollegen auf der Straße oder auf Veranstaltungen. Auf der „Action Sorgenkind“-Release-Party von Mawil waren zum Beispiel eine ganze Menge Zeichner zu sehen.


CRS: Und wie war Erlangen 2008 für Dich?
Sehr interessant! Ich war ja zum ersten Mal in Erlangen und wusste gar nicht genau was mich da so erwarten würde. Ich habe eine ganze Reihe neuer Leute kennen gelernt, allen voran die Jazam-Macher und –Zeichner, die alle sehr lustig sind. In dem aktuellen Jazam-Band bin ich ja mit zwei Geschichten vertreten, also habe ich dort auch am Stand signiert.
Ich habe mir auf der Messe natürlich auch selber Comics gekauft und signieren lassen. Außerdem habe ich mit Verlagen geredet und meine Zeichnungen herumgezeigt. Ich hätte sicherlich noch mehr Veranstaltungen besuchen können, aber alles in allem war Erlangen eine runde Sache für mich und hat eine Menge Spaß gemacht.


CRS: Welche Themen hältst Du bei Deinen Danieltagen für besonders wichtig?
Die Danieltage beschreiben Situationen die ich erlebe, oder Gedanken die mir durch den Kopf gehen. Die Themen entstehen oft aus einem Impuls heraus, entscheidend ist, was mich gerade bewegt. Die Seiten müssen daher auch nicht zwangsläufig einen Witz transportieren. Es geht mehr um den Gesamteindruck, den man bekommt wenn man mehrere Seiten liest. Einzelne Momente fügen sich zu einem Bild zusammen, mit positiven aber auch negativen Aspekten. So wie im Leben halt auch.

CRS: Was steht in Zukunft bei Dir an?
Ich muss mich besser organisieren. Da freut sich auch mein Sozialleben.


CRS: Würdest Du auch mal politisch, sozialkritisch oder mal echt ätzendes Zeug zeichnen wollen?
Kritische Momente gehören zum Leben dazu, daher können sie auch thematisiert werden. Es ist aber sicherlich die Frage, wie damit umgegangen wird. Ich halte nicht soviel davon, gezeichnete Geschichten als Nörgel-Deponien oder zur Frustentladung zu benutzen. Das ist in der Regel wenig interessant oder unterhaltsam.

CRS: Ist so etwas überhaupt notwendig, damit Du dich wohl fühlst?
Entscheidend ist, ob ich das Gefühl habe, dass mir eine Geschichte gelungen ist. Ich freue mich, wenn die Leute meine Sachen gerne lesen, und wenn sie dabei zum Lachen oder Nachdenken angeregt werden, umso besser. Davon abgesehen ist eine tolle Zeichnung natürlich auch immer sehr befriedigend.

CRS: Wo kann man Dich eigentlich das nächste Mal beim Signieren (von was auch immer?) / Zeichnen treffen?
Signiertermine sind erst mal nicht geplant.
Manchmal zeichne ich wenn ich in der Stadt unterwegs bin, auf Ausstellungen, bei Konzerten, in Bars oder einfach auf der Straße. Mehrere dieser Zeichnungen haben es dann auch schon in die Danieltage geschafft.

CRS: Wo und in welcher Form sollten sich professionelle und ambitionierte Zeichner am ehesten präsentieren? Internet/Blog, Eigenverlag oder Publikationen wie z.B. Jazam oder Panik Elektro?
Das Internet ist vermutlich die einfachste Möglichkeit, um schnell ein Publikum zu erreichen. Aber ein gedrucktes Buch oder Heft in den Händen zu halten ist natürlich etwas anderes! Und da sind solche Plattformen wir Panik Elektro und Jazam sicherlich gute Gelegenheiten, etwas zu veröffentlichen. Man kann gleich ein größeres Publikum ansprechen, und man hat die Chance, ein paar nette Leute kennen zu lernen. Das ist nie verkehrt.
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CRS: Welche Comics liest/sammelst Du selber gerne und welche empfiehlst Du Deinen Freunden AUF KEINEN FALL in die Hand zu nehmen!
Ich mag Comics, die eine gute Geschichte erzählen, und wo die Erzählung mit den Zeichnungen gut im Zusammenspiel funktionieren. Ich freue mich auch immer darüber wenn es etwas zu lachen gibt. Ob das dann frankobelgische, amerikanische, deutsche, Hochglanz-, selbstkopierte oder sonst irgendwelche Comics sind, ist dabei egal.
Superhelden und Mangas lese ich eher seltener, aber ich würde niemandem von einem Comic abraten, nur weil ich selber nicht soviel damit anfangen kann. Wenn jemand einen Comic kaufen möchte der ihm gefällt, dann soll er das tun.


CRS: Welche Stimmung herrscht eigentlich am Kneipentisch, wenn nur Comiczeichner zugegen sind?
Das kommt vermutlich auf die Zeichner an. In Erlangen war es an den Tischen jedenfalls immer ganz lustig. Es gibt Kollegen, die ohne Punkt und Komma reden können, was praktisch ist, weil man sich dann aufs Bier trinken konzentrieren kann. Manchmal kommen auch Papier und Stift mit ins Spiel, und es wird zur allgemeinen Erheiterung gezeichnet. Und wenn gerade kein Papier zur Hand ist muss halt die Tischplatte dran glauben.

CRS: Kann man bei Dir auch Hochzeitszeichnungen oder Geburtstagskarten bestellen?
Ich habe so was zwar schon gemacht, aber selten. Ich habe dafür einfach nicht die Zeit. Zur Zeit also nein.

CRS: Was machst Du eigentlich mit Deinen Originalen?
Aufheben. Aber vielleicht müsste man erst mal fragen was ein Original ist!? Dadurch, dass die Zeichnungen alle durch den Computer gejubelt werden, entstehen ja neue, veränderte Zeichnungen. Sind diese Dateien auch Originale? Oder gilt doch bloß die Vorzeichnung? Darf man den Bleistift dann überhaupt wegradieren? Oder ist das getuschte Blatt das Original? Wie dem auch sei, ich hebe es auf.

CRS: Gibt es noch etwas anderes, was Du außer Zeichnen gerne machst? Musik, Essen, Sex oder etwa Schwimmen, Lesen, Fahrradfahren?
All das, plus Kino. ;-)

CRS: Gibt es irgendetwas, das deine Leser NIEMALS von Dir erfahren dürfen?
Klar.
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CRS: Wie wirst Du Danieltage weiterzeichnen? Noch lange? Mit mehr Bildern von Deiner Freundin? In bunt? Gefährlicher? Mehr wie Joscha Sauer? Gaaanz so wie immer? (Und lass Dir bloß nicht einfallen hier ganz kurz zu antworten!)
Ich hoffe, ich werde die Danieltage noch lange weiterzeichnen. Wie sich das im Einzelnen entwickeln und verändern wird, kann ich jetzt natürlich noch nicht sagen. Wenn die Tage bunt und gefährlich werden, dann werden es vielleicht auch die Geschichten. Jeder Tag ist neu, und man weiß nie wo die Reise hingeht. Das ist das Spannende. (Ich weiß nicht, ob die Antwort jetzt zu kurz für Euch ist, aber sie ist immerhin länger als die Frage!)

CRS: Wenn nun unsere Leser das Bedürfnis verspüren: „Den Daniel will ich finanziell unterstützen!“ Wie müssten sie das anstellen?
Geld überweisen wäre wahrscheinlich eine gute Methode. Bares oder Schecks schicken geht auch.

CRS: Noch einige wichtigen Worte an die Gemeinde?
Support your local hero!

CRS: Und was machst Du jetzt so nach der letzten Frage?
Ich habe gerade ausgerechnet, dass ich in fünf Stunden aufstehen muss, also werde ich wohl ins Bett gehen.

CRS: Daniel, vielen Dank für das Interview!
Gern geschehen.


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