Heute: Edition 52
In der Interview-Serie "Comic-Verlage" soll die Verlagslandschaft in Deutschland bzw. im deutschsprachigen Raum präsentiert werden. In den Interviews geht es u. a. um die Comic-Macher und das jeweilige Verlagsprogramm, aber auch um Meinungen und die Comic-Szene allgemein.
Heute präsentiert die CRS den Verlag Edition 52 aus Wuppertal (Uwe Garske und Thomas Schützinger). Die Edition 52 publiziert zugleich deutsche und internationale Zeichner und Autoren, die mit besonderem künstlerischem Anspruch an ihre grafische und literarische Arbeit herangehen.
Hierzu zählen: Die Künstler der "Nouvelle Ligne Claire": Ein Schwerpunkt der EDITION 52 liegt in einem speziellen Bezug zur "Nouvelle Ligne Claire", die die Verleger als besonders künstlerisch wertvoll empfinden und deren Autoren der Verlag auch zukünftig bevorzugt mitpublizieren wird.
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Daniel Torres, Seth, Ulf K., Joost Swarte oder beispielsweise auch Jean Claude Floc´h sind Künstler, die international eine hohe Reputation haben und als Vertreter einer "modernen" Ligne Claire (insbesondere auch international) sehr bewundert werden.
Graphic Novels: Auch moderne Autoren-Comics mit internationalem Renommee und verschiedenster Herkunft finden bei der Edition 52 eine publizistische Heimat.
Deutsche Comic-Künstler: Eine weitere Neigung und ein Anspruch des Verlags liegt in der Förderung deutscher / deutschsprachiger Comic-Künstler. "Homebased" wie die Edition 52 nun mal ist, ist der Verlag auch für deutsche Comics offen (z. B. Ulf K., Reinhard Kleist, Boris Kiseliki, Uli Oesterle, Calle Claus, Tim Dinter, Frank Schmolke, Jule K.)
CRS: Seit wann gibt es den Verlag und wo hat dieser seine verlegerische Heimat? (Kurze Vorstellung des Verlags und der Macher). Habt ihr eine eigene Verlags-Homepage (bitte Link)?
Uwe Garske: Uns gibt´s inzwischen fast 10 Jahre. Schwerpunkte sind die Nouvelle Ligne Claire, Autoren Comics und die Förderung einheimischer Comic Künstler, die größtenteils bei uns ihre ersten Schritte in eine breite Öffentlichkeit machen. Wir versuchen immer wieder neue Talente zu fördern.
Verlags-Hompage: www.edition52.com
CRS: Welches waren die Beweggründe für den Verlag, in das Comic-Geschäft einzusteigen?
Uwe Garske: Als Comicbegeisterte liegt dieser Schritt – einen eigenen Verlag zu gründen – natürlich auf der Hand. Im Endeffekt hängt das auch mit jeder Menge Enthusiasmus und Spaß zusammen. Daneben war es auch der ungebrochene Glaube an das Medium und seine Möglichkeiten.
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CRS: Gab es bereits vor dem Verlagsleben für die „Verlagsmacher“ eine „Comic-Vergangenheit“ (zum Beispiel als Redakteur, Verleger von Fanzines, Magazinen etc.)?
Uwe Garske: Wir sind beide seit fast 30 Jahren in der Comic Szene auf Messen und Events. Haben natürlich aus dieser Zeit viele Kontakte und Erfahrungen, die uns jetzt, beim verlegerischen Alltagsprogramm, zum Teil hilfreich sind.
CRS: Welche Comic-Genres gehören hauptsächlich zum Verlagsgeschäft?
Uwe Garske: Die Edition hat einen Schwerpunkt auf den Graphic Novels und ist damit schon lange in einem Genre tätig, das die großen Verlage mittlerweile auch für sich entdecken. Daneben gehören die Phantastik, autobiographische Comics und stellenweise auch eine Neigung zum Underground zum Portofolio. Außerdem ist vor kurzem ja auch ein Band mit Bergischen Cartoonisten erschienen und wir planen übrigens auch weitere Cartoon Bände. Daneben betreiben wir inzwischen zwei Sublabel: Edition Venus und außerdem sind wir an Lovecrafts.net beteiligt.
CRS: Warum wurden speziell diese als Verlagsbasis ausgewählt?
Uwe Garske: Im Grunde ist der Verlag ein kulturell offenes System, d.h., da wir beide sehr umtriebig und relativ vorurteilsfrei sind, gibt es vielleicht auch wenige kulturelle Koordinaten. Bei den Graphic Novels war es so, dass wir von Anfang an von der erzählerischen Dichte dieser Werke begeistert waren.
CRS: Welche ausländischen Verlage gehören zu den wichtigsten Lizenzgebern (Lizenzgeber/Serie bitte angeben)?
Uwe Garske: Neben den klassischen französischen Ansprechpartnern sind dies Norma, aber auch amerikanische Labels wie Top Shelf und Drawn & Quartely sind die ersten Adressen. Wir setzen aber nicht nur auf Lizenzmaterial. Von Beginn an haben wir auch sehr viele einheimische Künstler gefördert. An vielen unserer Zeichner sind inzwischen auch die großen Verlage interessiert. Das zeigt, dass wir mit unserer Auswahl ganz gut lagen.
CRS: Welche Serien gehören zu den erfolgreichsten Titeln des Verlags (Top 5 oder mehr …)?
Uwe Garske: Die Titel von Ulf K., Seth oder Baru beispielsweise sind sehr erfolgreich. Aber auch Rocco Vargas und übrigens auch die neu begonnene Serie Robur.
CRS: Welche Comics werden 2008 im Verlag (voraussichtlich) erscheinen? (ggf. Link zum Verlagsprogramm)
Uwe Garske: Es gibt keine Eingrenzung oder eine Richtung. Wir halten unsere Nase in den Wind.
CRS: Wird sich der Comic-Verkauf vom Fachhandel zum Direktverkauf hin bewegen?
Uwe Garske: Den Fachhandel sehen wir als wichtigen Partner für die Verlage. Wo, wenn nicht beim Comichändler bzw. Buchhändler, nimmt sich der Käufer die Zeit einfach mal zu stöbern und in verschiedene Bände hineinzusehen. Ein interessantes Cover ist da oft wegbereitend für den späteren Kauf. Denn wer kauft schon eine Serie von einem unbekannten Zeichner, von dem er bisher nichts gesehen hat. Ein Blick ins Album ist da schon sehr wichtig. Und da die Edition immer wieder gerne Zeichner und Autoren präsentiert, die einem großen Publikum in Deutschland nicht immer bekannt sind, wie beispielsweise Gil Formosa oder Alex Robinson, sind wir auf den Fachhandel unbedingt angewiesen
CRS: Bietet der Verlag einen Direktverkauf an? Wenn ja, in welcher Form (Link etc.)?
Uwe Garske: Ja, aber vom Gesamtumsatz liegen über 98% beim Vertrieb respektive beim Handel. Nach meiner Prognose wird sich das zwar noch zugunsten des Direktvertriebes verschieben, aber auch nur sehr geringfügig und eine Loslösung vom Handel sehe ich derzeit nicht.
CRS: Gibt es einen Comic-Fan-Club, der euren Verlag unterstützt? Wie kann man Mitglied werden?
Uwe Garske: Ein Fanclub ist in der Planung. Mehr dazu wird es in Kürze über unseren Newsletter geben, für den man sich auf unserer Internetpage anmelden kann.
CRS: Haben Comics (außer den bekannten Verdächtigen) eine Chance im Pressehandel oder im Buchfachhandel? Wenn ja, welche könnten das außer Mangas sein?
Uwe Garske: Ich glaube schon, dass sich die Situation im deutschen Buchhandel noch verschieben wird. Allerdings nur sehr langsam und mittelfristig. Deutschland ist hier ein „kulturelles“ Entwicklungsland. Ich hoffe auch ferner, dass die elektronischen Medien den Printmedien nicht ganz den Rang ablaufen werden. Wenn man sieht, dass die Computer- Spiele Messe fast 200.000 Besucher zu vermelden hatte und unsere Branche im Vergleich „nur“ Erlangen zu bieten hat, dann hat man einen Maßstab für die kulturelle Reichweite und Akzeptanz in der breiten Bevölkerung. Wir können zwar hoffen und sollten dran arbeiten, dass die Zielgruppen größer werden, sollten uns aber immer vor Augen haben, dass sich die Medienlandschaft gleichzeitig weiter verändern wird. Dies wirkt unseren Bestrebungen vielleicht entgegen. Dennoch ist gerade der Sortimentsbuchhandel als Vertriebsweg für die Akzeptanz des Mediums Comic von größter Bedeutung. Und Alben wie „Maus“ oder jüngst „Persepolis“ zeigen, dass auch der klassische Buchhandel an Comics verdienen kann.
CRS: Viel diskutiert: Die aktuelle Lage am deutschen Comic-Markt, der schon mehrere Jahre von den Mangas dominiert wird. Wie seht ihr eure Verlags-Marktchancen für die Zukunft und wie wird die Markt-Lage (Manga, Franko-Belgier, Superhelden, Independent etc.) im Allgemeinen beurteilt?
Uwe Garske: Da bei uns der Verlag auch Spaß und Hobby wohl noch implementiert, leben wir schon mit dem Bewusstsein, in der Nische zu Hause zu sein. Mangas haben sicherlich ihren Stellenwert in der Branche, spielen allerdings bei unseren Verlagsplänen keine entscheidende Rolle. Andererseits soll man nie nie sagen. Denn auch bei Mangas lassen wir uns von der Qualität der Werke leiten. Will sagen, wenn wir auf eine interessante Manga-Serie oder ein tolles Einzelalbum stoßen, könnte ich mir schon vorstellen es in unser Programm zu nehmen.
CRS: Häufiges Thema im Comic-Forum: Die Bewerbung neuer Comic-Produkte. Außer in der einschlägigen Comic-Fach-Presse entdeckt man nur wenig Comic-Werbung. Erreich die Werbung damit überhaupt noch einen breiten Leserkreis? Oder wäre weitergehende Werbung „verbranntes Geld“?
Uwe Garske: Einige „Kleinverlage“ sind selbst Comic-Fans wegen geringer Präsenz nicht bekannt. Manchmal denke ich, wir leben in einer Nische. Deshalb müssen wir versuchen den kleinen Kreis der Comicleser direkt anzusprechen. Internet, Newsletter, Pressebemusterungen und die verschiedenen Messen sind unserer Meinung nach die wirkungsvollsten Plattformen dazu.
CRS: Welche Aktivitäten gehören noch zu eurem Verlag? (z. B. Vertrieb, Bücher, Comic-Fachgeschäft etc., DVD, Merchandise wie Figuren etc.)
Uwe Garske: Thomas hat noch in Köln einen Comic-Shop, sind eng mit ATOMAX ( übrigens ist hier unsere neue website unter atomax.de online gegangen) verbunden, einem Vertrieb, der sich auf Merchandising spezialisiert hat und sind eigentlich seit fast 30 Jahren auch auf Comicmessen zuhause. Außerdem nehmen wir immer wieder gerne limitierte Drucke in unser Programm mit auf.
CRS: Seit ihr auf den großen Comic-Events in Deutschland und ggf. im Ausland mit einem eigenen Verlagsstand vertreten oder ist es für die Zukunft geplant? Wenn ja, auf welchen Veranstaltungen ?
Uwe Garske: Neben der Buchmesse in Frankfurt gehören auch die großen Comicevents immer in unseren Terminkalender. Darüberhinaus sind wir auch immer wieder gerne auf Ausstellungen vertreten, die vor allem unsere deutschen Künstler in der gesamten Republik haben und wo auch stets neue Begeisterte gewonnen werden. Von Hamburg über Erlangen bis zu München versuchen wir überall dabei zu sein, denn wir suchen das Gespräch mit der Zielgruppe, um Stimmungen wahrzunehmen und Neues zu erfahren.
CRS: Vielen Dank für das ausführliche Statement!
(c) der Abbildungen Edition 52 & Comicguide.net
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