Comic Radio Show

Interview mit Dr. Joachim Kaps

Comic-Macher / Understanding Comics
geschrieben von gruber am 22.03.2004, 00:01 Uhr

Jetzt red` I!


Wie ist es zum Wechsel des ehemaligen Carlsen Verlagsleiters zu Tokyopop gekommen?
Wer könnte das besser erklären, als Joachim Kaps selber. Er hat uns einige Fragen zu diesem Thema via Mail am Sonntag (21.03.04) beantwortet. Hier bei uns nun die ganze nackte Wahrheit. :-)
Und was meint Ihr dazu? Nutzt unser Kommentarfeld für Eure Meinungen!

ComicRadioShow: Wie ist es zu diesem Wechsel aus Deiner Sicht gekommen?

Joachim Kaps:
Was jetzt nach außen als Wechsel erscheint, war eigentlich gar kein Wechsel, sondern die Abfolge von zwei Ereignissen. Es gab bei Carlsen im letzten Jahr schon seit Juni Gespräche darüber, wie der weitere Weg in die Zukunft gestaltet werden soll. Und in diesen Gesprächen hat sich gezeigt, dass Herr Humann und Herr Kämpfe-Burghardt hier eben ganz andere Vorstellungen hatten als ich. Da wir diese Differenzen bis zum Dezember nicht ausräumen konnten, erschien es beiden Seiten richtig, dass wir getrennte Wege gehen. Und da die beiden Kollegen nun einmal die Geschätsführer sind, und es mehr als ihr gutes Recht ist, den Kurs des Unternehmens zu bestimmen, war es natürlich naheliegend, dass ich gehe und nicht sie. :) Der Vorgang an sich ist ja auch nicht so ungewöhnlich, in einer kleinen Branche wie dem Comic fällt das eben nur stärker auf als andernorts.
Wie auch immer: Als ich ging, hatte ich überhaupt keine Idee, was nun folgen würde. Es sind dann aber sehr rasch mehrere Verlage mit Angeboten an mich herangetreten, und unter diesen Angeboten hat sich das von TOKYOPOP eben als am interessantesten für mich erwiesen. Natürlich freut es mich, dass ich weiter in der Branche aktiv sein kann, weil mein Herz nun mal sehr am Comic hängt.
ComicRadioShow:Wann genau hattest Du Dich mit Deinen Kollegen dazu entschlossen?

Joachim Kaps:
Ich habe mich zu Beginn nicht mit meinen Kollegen, sondern ganz alleine entschlossen. Mit den anderen Kollegen konnte ich erst Anfang März sprechen, weil bis dahin noch die Verhandlungen mit TOKYOPOP liefen, und wir ja kein Personal anheuern konnte, bevor die Budgets abgeschlossen waren. Einige der Kollegen hatten bereits gekündigt, bevor feststand, dass es TOKYOPOP geben würde. Und wie ich waren Sie dann sehr froh, dass sie weiter im Comic-Geschäft bleiben konnten, als ich später von unseren Plänen erzählte. Auf jeden Fall freut es mich sehr, dass ich einen Teil der Mannschaft, mit der ich den Start gehe, schon so gut kenne und weiß, dass ich mich 100%ig auf sie verlassen kann.
ComicRadioShow:Was haben wir von Dir bei TOKYOPOP zu erwarten?

Joachim Kaps:
Ich hoffe, den spannendsten und innovationsfreudigsten Comic-Verlag, den Deutschland zu bieten hat. Immerhin werden wir der einzige größere deutsche Comic-Verlag sein, der ihn einer Struktur agiert, die sich ganz und gar dem Comic und dem Trickfilm verschrieben hat. Innerhalb der Strukturen von Bonnier, Egmont und Panini bilden Comics ja einen eher kleinen Anteil am Gesamtunsatz der Unternehmen. Dadurch wird Investitionskapital zwangsläufig immer stärker in andere Bereiche fließen, was innerhalb dieser Strukturen ja auch durchaus sinnvoll ist. TOKYOPOP konzentriert sich dagegen voll und ganz auf das Geschäft mit gezeichneter Unterhaltung, bietet aber dennoch alle Vorteile einer internationalen Struktur. Dadurch weden wir unserer Branche neue Impulse verleihen können, von der am Ende alle profitieren.

ComicRadioShow:Wird es ein neues/anderes Banzai? geben?

Joachim Kaps:
Wir sind in der Anlage unserer Struktur durchaus bereit, in den Aufbau von Magazinen zu investieren, wollen aber auf keinen Fall in direkte Konkurrenz zu bestehenden Objekten treten. Es wäre für den Markt einfach nicht gesund, die von Michael Schweitzer und mir bei Carlsen Comics entwickelte Formel für Manga-Magazine bei TOKYOPOP einfach zu duplizieren, weil sich die Objekte dann nur unnötigerweise auf dem Markt im Wege stehen würde. Daher arbeiten wir an neuen Konzepten, bei denen es jetzt aber einfach noch zu früh wäre, darüber jetzt schon öffentlich zu sprechen. Wir glauben aber fest an die strategische Bedeutung der Vernetzung verschiedener Vertriebswege, daher wird über kurz oder lang auch jenseits der Taschenbücher Engagement zu erwarten sein.

ComicRadioShow: Wie siehst Du die Entwicklung des Comic/Manga-Marktes nach dem 1. April?

Joachim Kaps:
Positiv, sonst würde ich ein solches Unternehmen ja kaum starten. Und mit positiv meine ich, positiv für alle. Märkte bewegen sich einfach mit mehr Dynamik, wenn etablierte Strukturen durchbrochen werden. Mehr Wettbwerb bedeutet für jeden Markt mehr Ideen und mehr Möglichkeiten. So hat vor einigen Jahren der Auftritt von Dino dem Markt in den ersten Jahren ja auch enorme Impulse beschert, dass das Konzept am Ende nicht aufging, lag ja nicht an den Comics und Magazinen, sondern vor allem am Börsengang des Unternehmens, seinem Internetengagement und einer zu raschen Expansion in andere Länder. Daher bin ich guter Dinge, dass unser Engagement den Comic- und Manga-Markt insgesamt auf eine neue Stufe heben kann. Wir wollen nach Möglichkeit mit anderen und nicht gegen andere Anbieter dem Medium und seinen Lesern dienen.

ComicRadioShow: Welche Einschätzung hast Du über die Zukunft des ?zurückgebliebenen? Teams bei Carlsen?

Joachim Kaps:
Ich halte das Wort "zurückgeblieben" für völlig falsch gewählt. Die Kollegen, die auch weiterhin das Comic-Programm von Carlsen betreuen - und man muss ja auch einmal festhalten, dass dies der weitaus größere Teil der Mitarbeiter ist - tun dies, weil sie mit Recht fest daran glauben, dass Carlsen Comics eine großartige Marke ist, für die es sich einzusetzen lohnt. Und niemand weiß wohl besser als ich, dass diese Mannschaft hoch qualifiziert und über alle Maßen motiviert ist. Dass ich einen anderen Weg als die Geschäftsführung gehen wollte, bedeutet ja nicht automatisch, dass die von Herrn Humann und Herrn Kämpfe-Burghardt bevorzugte Strategie falsch ist. Kurzum: Das Team von Carlsen Comics hat alle Möglichkeiten, auch weiterhin eines der besten deutschen Comic-Label zu gestalten und zum Erfolg zu führen. Der Erfolg war immer eine Teamleistung und nicht mein Alleinverdienst als Leiter. Jetzt werden eben einzelne Spieler ausgewechselt, aber viele andere bleiben die Mannschaft und spielen weiter. Auch wenn das vielleicht seltsam klingen mag: Ich wünsche den Kollegen dabei wirklich nur das Beste, denn Carlsen Comics hat Erfolg auch ohne mich mehr als verdient!

ComicRadioShow:
Vielen Dank für dieses Gespräch!




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