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Moebius Zeichenwelt

Rezensionen / Biographisch
geschrieben von donovan am 27.03.2003, 00:01 Uhr

Moebius: Protagonist in seiner eigenen Comic-Autobiographie


Moebius Zeichenwelt [1] Im Eichborn Verlag erschien als 219. Band der ANDEREN BIBLIOTHEK das 300 Seiten umfassende Buch „Moebius Zeichenwelt“, eine Retrospektive auf das Werk von Jean Giraud alias Moebius, vorgeführt von Andreas Platthaus. Mehr als 250 zum Teil unveröffentlichte Zeichnungen, Entwürfe, Studien, Titelbilder und Einzelbilder lassen den Leser exemplarisch die legendäre Welt von „GIR“ alias Moebius erschließen.
Highlight und kleine Sensation dieses sehr ansprechend produzierten Buches ist die deutsche Erstveröffentlichung der neunzigseitigen autobiographischen Bildgeschichte „Fumetti“, die Moebius in den Jahren 2000/2001 verfasst hat und in der er seinen eigenen Comic-Helden wie Leutnant Blueberry, dem Major und Arzach begegnet.

Moebius Zeichenwelt Wer ist Moebius ? Ein doppelter Charakter: Unter seinem bürgerlichen Namen Jean Giraud präsentierte Moebius gemeinsam mit Jean-Michel Charlier den Lesern des französischen Comic-Magazins PILOTE 1963 erstmals eine Westernserie, die Giraud berühmt machte: Leutnant Blueberry.

So berühmt, dass Moebius, der lediglich als Zeichner einiger Kurzgeschichten in einem Satiremagazin namens HARA-KIRI in Erscheinung getreten war, für zehn Jahre in den Hintergrund trat. Ab 1973 begann dann der weltweite Siegeszug von Moebius, der ihn mit Werken wie „Le Garage Hermétique“, „L’Incal“ und „Le Monde d’Edena“ zum Leitbild des Science-Fiction-Comics werden lies.

Und wenn es einen Zeichner gibt, der die zwei wahrscheinlich wichtigsten Kunstformen des zwanzigsten Jahrhunderts, den Film und den Comic, zu verbinden suchte und auch verband, dann ist es Moebius.
Moebius Zeichenwelt
Aus dem unerschöpflichen Archiv einer über vierzigjährigen Produktion hat Andreas Platthaus für diesen Band wählen können: In dem in mehrere Abschnitte eingeteilten Buch (Zum Beginn, Im Comic entzweit, Selbstporträts, Verstecken lohnt sich nicht, Fumetti, Leben nach dem Tod des Comics, Aus den Carnets, Zeittafel Moebius/JeanGiraud, Werkauswahlverzeichnis, Abbildungsverzeichnis) schildert der Autor zunächst Auszüge aus der Biographie von Jean Giraud (Mexiko, Algerien, die Wüste in den Comics, Fumetti) und deutet u.a. in „Im Comic entzweit“ die Doppelexistenz Giraud/Moebius, beschreibt Einflüsse, die den Zeichen- und Erzählstil prägten, erklärt die Herkunft des Pseudonyms „Moebius“, berichtet über den Zweikampf der beiden Persönlichkeiten im Künstler, die Lehrjahre (Far West, Coeur Vaillant, Jerry Spring), die Comic-Entwicklung des Künstlers und die Vermischung beider Zeichen-Stile.
Moebius Zeichenwelt
Sehr schön ist die Comic-Autobiographie „Fumetti“, die in der Kette der Selbstporträts von Moebius eine Sonderstellung einnimmt. Seit „La Déviation“ aus dem Jahre 1973 hatte er keine Geschichte mehr veröffentlicht, die ihn selbst zum Mittelpunkt des Geschehens machte. Die neunzig Seiten von „Fumetti“ stellen ein erzählerisches und graphisches Meisterwerk dar, in dem der alte asketische Moebius auf sein wildes, drogeninspiriertes Alter Ego aus den siebziger Jahren trifft. Außerdem beschreibt er u.a. recht humorvoll seine ganz persönlichen Probleme mit dem Szenario des Blueberry Albums „O.K. Corral“ und trifft auf die Helden seiner Comics.

Den Abschluss des Bandes bildet ein Rückblick auf die Geschichte der Comics von ihren Anfängen mit „Hogan’s Alley“ (von Richard Felton Outcault) und „Little Nemo“ (von Windsor McCay), über „Gasoline Alley“ (von Frank King), die europäischen Abenteuerhelden bzw. amerikanischen Superhelden bis hin zur Gegenwart (Jugendabenteuer, Comics und Werbung). Am Ende stellt sich die Frage nach der Zukunft des Mediums Comic: Hat Moebius die Grenzen des Comics so weit ausgelotet, dass jenseits von ihm nur noch Platz für Nachahmer geblieben ist ?
Moebius Zeichenwelt
„Moebius Zeichenwelt“, von der es auch eine limitierte nummerierte handgebundene Lederausgabe gibt (999 Exemplare), bietet einen lesenswerten interessanten Einblick in das Leben und die Comicwelt von Jean Giraud/Moebius. Auch wenn ich in erster Linie ein Bewunderer von Jean Giraud bin, so gehört das vorliegende Buch besonders wegen „Fumetti“ zu den Besonderheiten meiner immer weiter wachsenden Sammlung von Comics und Comic-Sekundärliteratur. Es gibt jedenfalls wenige Bücher, die ich so schnell gelesen habe. (mh [2])

Moebius Zeichenwelt

Moebius Zeichenwelt
von Andreas Platthaus vorgeführt
300 Seiten, Buchband
Eichborn Verlag „Die Andere Bibliothek“, 32,50 €


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