Comic Radio Show

Kinderbuch BENJAMIN

Hintergründe / Fantasy
geschrieben von am 01.10.2001, 13:49 Uhr

Leseprobe


Copyright Heike Clausen

1



Inmitten einer wunderbaren Hügellandschaft

weit weg von der Stadt, in

der du lebst, liegt, umgeben von Wiesen,

Feldern und kleinen Waldgruppen

ein kleines Dorf.

Die Menschen dort leben seit Generationen

in Harmonie und Liebe miteinander,

und einer ist für den anderen da.


Es gibt dort keine Unterschiede wie zum

Beispiel 'Arm und Reich'.

In diesem kleinen Dorf sind alle Menschen

gleich. Und wenn es wirklich einmal

vorkommt, dass irgend jemand ein

Problem hat - egal welcher Art -, dann

wird es sofort 'gemeinsam' gelöst.

Die Kinder gehen in einen Kindergarten

oder in eine Gemeinschaftsschule. Und

wenn es das Wetter zuläßt, wird das

Lernen und das Spielen nach draußen unter

freiem Himmel in die freie Natur verlegt.

Denn durch den direkten Kontakt mit der

Natur lernen die Kinder das, was wirklich

wichtig ist im Leben, und erkennen dabei,

was 'Recht' und 'Unrecht' ist.

Seit vielen Jahren ist den Menschen in

diesem Dorf klar, dass die Natur so, wie

sie von Gott erschaffen wurde, der beste

Lehrmeister ist, den man sich für

das Leben nur vorstellen kann.

Die Lehrer der Gemeinschaftsschule und

die Kindergärtnerinnen haben nur ein Ziel:

Gute Wegbegleiter für die heranwachsenden

Jugendlichen und Kinder zu sein.

Wegbegleiter, die ihnen die Chance geben,

selbst zu entscheiden bzw. selbst

zu 'erkennen', was richtig und falsch ist,

damit aus ihnen später einmal Erwachsene

werden, bei denen die Liebe zum

Nächsten ihr Tun bestimmt.

Damit auch die Kinder es an ihre Kinder

weitergeben können.

Also 'sinnvoll' leben und egal. was auch

geschieht, sich eines bewahren: 'Im

Herzen Kind zu bleiben.'

Jeder, der dort lebt, ist mit seinem

Lebensablauf glücklich und zufrieden.

Wenn es einmal vorkommt, was äusserst

selten geschieht, dass die Gemeinde Zuwachs

erhält, das heißt neue Mitbürger,

so werden diese sofort herzlich in die

Gemeinde aufgenommen.

Es ist nicht wichtig, wer sie sind, was

sie sind oder woher sie kommen. Ohne

Vorurteile werden sie angenommen, und

jeder hilft ihnen, damit sie sich in der

Gemeinde wohlfühlen.

Doch was wäre solch ein kleines Dorf

ohne eine 'uralte' Sage, die von Ge-neration

zu Generation überliefert wird?

Es gibt dort keinen, nicht mal ein Kind,

der nicht die Sage von der 'alten Weisen',

jener großen schneeweißen Eule,

die drüben beim alten Sennehaus in der

alten mächtigen Buche lebt, kennt.

Von ihr erzählt die Sage, dass die Eule

schon da war, bevor das Dorf entstanden

ist, und alles gesehen hat, was im

Laufe der Zeit geschah.

Die alten Leute im Dorf erzählen von

ihr, dass sie die 'Hüterin der Welt' sei

und in die Herzen der Menschen schauen

könne.

Einmal im Jahr, nämlich zur Jahreswende,

verwandelt sich diese Eule in ein

menschliches Wesen.

Sie tut dies, um die Dorfbewohner zu

überprüfen, ob ihre Liebe und ihr Glaube

an das Gute noch stark genug sind,

um dem 'Bösen' zu trotzen.

Wenn sie erkennt, dass ein Mensch im

Herzen überschäumt vor Liebe, erfüllt

sie ihm einen Wunsch.

Auch das alte Sennehaus, das am Waldrand

steht, hat sein Geheimnis, von dem

die Dorfbewohner jedoch nichts wissen.

Denn seit jenem tragischen Ereignis vor

zwei Jahren ist niemand mehr dort gewesen.

Deshalb weiß auch keiner, dass

das Sennehaus gar nicht so unbewohnt

ist, wie jeder glaubt.

In diesem Sennehaus lebt der Geist als

Wesenheit des kleinen Benjamin, der vor

zwei Jahren in diesem Haus auf tragische

Weise umgekommen ist.

Als Benjamin starb, war er gerade sechs

Jahre alt. Benjamins Eltern zogen kurz

nach seinem Tod fort, weil sie einfach

nicht vergessen konnten, durch welche

Umstände dies alles geschah.

Benjamin und seine Eltern waren erst

aus der Stadt in das Dorf gezogen, als

Benjamin vier Jahre alt war.

Er stammte also nicht direkt aus die-sem

kleinen Dorf.

Da die Eltern nicht wußten, dass der Geist

von Benjamin noch nicht im Himmel war,

da er sich von diesem wunderschönen

Stück Erde nicht trennen konnte, verließen

sie schon kurz nach seinem Tode das

Haus und zogen in die Stadt zurück.

Sie ahnten beziehungsweise sie wußten

nicht, dass mit dem Tod nicht alles zu

Ende geht, sondern der Geist des Verstorbenen,

wenn er will, bleiben oder

immer zurückkehren kann.

Benjamin hatte einfach nicht vergessen

können, was er in der kurzen Zeit in

dieser Dorfgemeinde erlebt hatte.

Zu schön waren seine Erinnerungen an

die Zeit, wo er noch voller Spaß, Abenteuerlust

und Übermut durch Haus,

Garten, Wald und Felder tobte.

Die vielen Streiche, die er seinen Eltern

spielte, und das Glücksgefühl, das ihn

überkam, wenn er im hohen Gras lag und

zum Himmel schaute, während die Sonne

warm über sein Gesicht streichelte.

Was hat er in seinen Tagträumen, wenn er

im Gras lag, für tolle Abenteuer erlebt!

Doch so schlitzohrig, lausbubenhaft und

voller Streiche, die er gerne ausheckte,

Benjamin auch war, so hilfs-bereit, voller

Liebe und Wärme war er auch, wenn

es darum ging, anderen, speziell Tieren

in einer Not, zu helfen.

Und gerade dies war es, was Benjamin

zum Verhängnis geworden war.

Als er nämlich versuchte, einen jungen

Fuchs, der, hilflos treibend, im Wildbach

schwamm, zu retten, rutschte Benjamin

am schlickigen Ufer aus und fiel

selbst kopfüber ins Wasser.

Zwar schaffte es Benjamin, den Fuchs

zu packen und sich mit ihm wieder ans

Ufer zu retten. Doch durch die Kälte des

Wassers und des abklingenden Winters

sowie wegen des langen Fußweges anschließend

nach Hause erkrankte Benjamin

an einer schweren Lungenentzündung,

von der er sich nicht mehr erholte.

Benjamin starb nach einer Woche.

In der ersten Zeit, nachdem Benjamins

Seele seinen Körper verlassen hatte,

wollte Benjamin es nicht wahrhaben, dass

er gestorben war.

Er versuchte laufend, seinen Eltern begreiflich

zu machen, dass, auch wenn er

tot ist, er trotzdem bei ihnen sei.

Als er nach einer gewissen Zeit die Sinnlosigkeit

seiner Versuche, sich bemerk-bar

zu machen, erkannte, weil seine Eltern

auf keines seiner 'Zeichen' reagierten,

wurde ihm bewußt, dass er ein 'Geist'

war und in einer Welt existierte, die von

den 'Lebenden', wenn sie nicht sensibel

genug sind, niemals wahrgenommen

wird.

Nachdem Benjamin dies bewußt geworden

war, lief er aus dem Haus, in den

Garten - zur alten Buche -, schmiß sich

ins Gras und weinte bitterlich.

Er kam sich so unendlich allein und

verlassen vor.

Doch urplötzlich in sein Weinen hinein

vernahm Benjamin auf einmal eine wohltuende,

warme und liebevolle Stimme,

die ihn seinen Schmerz urplötzlich ver-gessen

ließ.

"Benjamin, Benjamin - weine nicht!

Es wird alles gut, denn es kommt alles

so, wie es im 'Großen Buch des Lebens'

geschrieben steht.

Noch ist es schwer für dich zu begrei-fen,

dass das Leben nach dem Tode

weitergeht.

Du bist nicht allein, denn viele Wesenheiten

in dem Reich, in dem du jetzt

lebst, werden zu dir kommen, wenn du

bereit bist, dieses Leben als Geist zu

akzeptieren.

Du mußt nur jetzt lernen, 'neu' zu leben.

Zu leben in einer Welt, die den Lebenden

so lange verborgen bleibt, bis sie

erkennen, dass es keinen 'Tod' gibt."

Die Sonne schien blendend hell, und

Benjamin konnte nicht so genau sehen,

nachdem er die ganze Zeit geweint hatte.

Doch als er in die Richtung blickte, aus

der die Stimme kam, die so sanft war

und so klar - wie Musik klang sie ihm in

den Ohren -, erblickte er die große weiße

Eule, die ihn mit weisen liebevollen Augen

anschaute.

"Du?" rief Benjamin erstaunt. "Es ist also

wahr, was sich die Menschen aus dem

Dorf über dich erzählen?"

Lächelnd erwiderte die Eule auf Benjamins

erstaunte Frage: "Ja, Benjamin. Sie sind

näher an der Wahrheit, als sie es sich

vorstellen können.

Doch bis zum absoluten Erkennen ist es

noch ein langer Weg für sie."

"Sage mir, Weise, - so heißt du doch, oder?"

fragte Benjamin vorsichtig und hielt ein. Als

die Eule lächelte und mit ihrem Kopf nickte,

fuhr Benjamin mit seiner Frage fort, "Sage

mir doch bitte, warum du so heißt."

Wiederum lächelte die Eule, als sie auf

seine Frage antwortete:

"Weißt du, Benjamin, die Menschen gaben

mir diesen Namen, weil sie Gott einen

Namen gaben, so, wie sie allem, was für

sie geheimnisvoll und unerklärlich ist, ei-nen

Namen geben, damit es für sie erklär-bar

wird.

Erst wenn sie reif sind und die Wahrheit

erkennen, erkennen sie das Unerklärliche

und sich selbst sowie ihren Weg und ihr

Ziel, und begreifen, dass das Leben in

vielfältigen Formen existiert."

"Gut", meinte Benjamin, obwohl er ihre

Worte nicht verstand - noch nicht, "dann

erkläre mir doch, bitte, warum mußte ich

sterben?




Ich wollte doch nur dem kleinen Fuchs

helfen. Worin liegt da der Sinn?"

Wieder traten Benjamin die Tränen in die

Augen, weil der Schmerz erneut in ihm

hochkam.

Lange schaute die Eule Benjamin an. Lange

und durchdringend. In dem Moment,

als Benjamin seine Frage wiederholen

wollte, sagte die Eule plötzlich zu ihm:

"Höre mir jetzt gut zu, Benjamin, und

merke dir jedes meiner Worte genau:

Alles - egal, was es auch ist, selbst der

irdische Tod, hat seinen 'Sinn'.

Doch was hilft es dir, wenn ich es dir jetzt

erkläre? Zwar wüßtest du es dann, doch

du würdest es nicht verstehen oder erkennen.

Warte ab! Und höre auf meinen Rat,

den ich dir nun gebe: Lerne, neu zu leben,

lerne und erkenne! Dann wirst du den Sinn

all dessen verstehen und vor allem 'erkennen',

was der Sinn ist.

Denn alles hat seine Zeit und alles seine

Stunde. Auch für dich gilt dieses Gesetz.

Dir, Benjamin, wurde etwas gegeben, das

einem nur sehr selten zugesprochen wird.

Auch wenn du jetzt noch glaubst, dass dir

durch deinen irdischen Tod alles genommen

wurde.

Bis es soweit ist, Benjamin, dass du reif

genug bist, auf all deine Fragen eine Antwort

zu erhalten, will ich dir eine gute

Freundin und Wegbegleiterin sein. Ich will

dir Schritt für Schritt helfen auf dem Weg,

den du von nun an gehen wirst."

So geschah es, dass Benjamin und die 'alte

weise' Eule Freunde wurden. Freunde ganz

besonderer Art.

2

Der lange Winter war fast vorbei.

Die ersten warmen Sonnenstrahlen ließen

den Schnee schmelzen, und die ersten

Vorboten des Frühlings hielten ihren

Einzug.

Alles deutete daraufhin, dass es ein wunderbarer

Tag werden würde.

Doch Benjamin schien dies alles gar

nicht zu bemerken.

Selbst seine kleinen Freunde, die Benjamin

zwischenzeitlich gefunden hatte -wie

'Archibald', die Spitzmaus, 'Stoffel',

das Wildkaninchen, 'Fräulein Henja',

die Elster, oder 'Bienchen', die Honigbiene-,

verstanden Benjamins Verhalten nicht.

Er schien sie überhaupt nicht zu bemerken.

Ratlos blickten sie ihren kleinen

Freund an, wie er unruhig im Haus

auf und ab lief. Plötzlich drehte Benjamin

sich um, blickte alle stirnrunzelnd

an und lief dann hinaus zur alten Buche.

Etwas Seltsames schien in der Luft zu

liegen, was Benjamin sich nicht erklären

konnte.

Nervös marschierte Benjamin unter der

alten mächtigen Buche auf und ab.

Dabei schaute er immer wieder zum

Sennehaus hinüber. So, als müßte dort

jeden Moment etwas geschehen.

Doch es tat sich nichts. Ruhig und friedlich

wie immer stand das Sennehaus im

Schein der Sonnenstrahlen.

Kopfschüttelnd setzte sich Benjamin hin,

um gleich wieder aufzuspringen, um

abermals unruhig auf und ab zu marschieren.

Was war nur los?

Benjamin wußte es nicht.

Eine ganze Weile schon hatte die 'alte

Weise' schweigend diesem Treiben zugesehen.

Doch als Benjamin plötzlich mit

voller Wucht und einem lauten Schrei

gegen den Stamm der Buche trat, so,

dass seine kleinen Freunde, die ihm gefolgt

waren, erschrocken nach allen

Seiten sprangen, ermahnte sie ihn mit

einer klaren und etwas strengen Stimme:

"Benjamin, was ist nur heute morgen los

mit dir?"

"Ich weiß es nicht, 'Weise', es ist nur so

ein eigenartiges Kribbeln in mir, das mich

nervös macht. Und ich weiß absolut

nicht, woher es kommt", erwiderte

Benjamin.

"So nervös, dass du vor den Stamm der

Buche treten und deine Freunde erschrecken

mußtest, Benjamin?" fragte ihn

die Eule.

Benjamin scharrte mit seinem Fuß über

den Boden hin und her, hielt seine Hände

fest in die Hosentaschen gedrückt,

sein Kopf neigte sich leicht nach unten,

wobei man deutlich seine roten Ohren

sah, die bestimmt nicht nur allein von

der noch vorhandenen Kälte des abschiednehmenden

Winters kommen konnten,

als er sagte:

"Tut mir leid, ich wollte keinem weh tun

oder jemanden erschrecken.

Verzeih mir, bitte! Es soll nie wieder

vorkommen. Ehrlich!"

Das Rauschen der Äste im Wind schien

etwas zu Benjamin zu sagen, doch er

nahm dies gar nicht wahr.

Viel zu sehr war Benjamin schon wieder

in seine Gedanken versunken, als auf

die Antwort, die ihm der Baum gab, zu

achten.

"Sag mal, Weise", fragte Benjamin nach

einer ganzen Weile, "du weißt doch eigentlich

alles, oder? Kannst du mir nicht

erklären, was mich so nervös macht?"

Die Eule plusterte sich nur auf, schüttelte

ihr Gefieder und antwortete klar:

"Tut mir leid, Benjamin, aber darauf kann

ich dir keine Antwort geben."

"Mist!" schimpfte Benjamin, "Wer kann

es dann, wenn nicht du?" Damit drehte

er sich um und lief, ohne sich noch einmal

umzudrehen, 'runter zum Wildbach.

Hätte Benjamin sich umgedreht, dann

hätte er sehen können, wie die alte Eule

liebevoll hinter ihm herlächelte.

Natürlich hätte sie ihm eine Antwort auf

seine Frage geben können, doch sie

wußte auch, dass sie in den Lauf der Zeit

nicht eingreifen durfte. - Speziell bei

Benjamin nicht.

Ruhig und doch voller Kraft floß das

Wasser den Wildbach hinunter. Ab und

zu schlugen kleine Wellen am Flußufer

hoch.

Benjamin saß auf einem dicken Ast, der

über dem Wildbach wuchs, und schaute

gedankenverloren auf's Wasser.

Archibald, die kleine Spitzmaus, war

ihrem Freund als einzige gefolgt, während

die anderen Tiere bei der alten Eule

geblieben waren, und beobachtete ihn

mit wachsamen Knopfaugen vom Flußufer

aus.

Der Weidenstock in Benjamins Hand

tippte von Zeit zu Zeit ins Wasser, so,

als wolle er damit den Lauf des Wassers

stoppen.

Benjamin mußte ungefähr eine halbe

Stunde dort gesessen haben, als es anfing.

Erst leise und dann immer lauter wurden

diese Geräusche, die ihn hochschrecken

ließen.

Mit einem Satz war Benjamin auf den

Füßen, hob Archibald hoch auf seine

Schulter und rannte in die Richtung, aus

der die Geräusche kamen.

Unterwegs erkannte Benjamin voller

Entsetzen, dass seine Beine ihn in Richtung

Sennehaus trugen.

"Jetzt ist es so weit, jetzt reißen sie das

Sennehaus ab, weil keiner mehr darin

wohnt und wohnen will!" dachte Benjamin

voller Angst.

Sein Herz pochte bis in die Ohren, sein

Puls raste, als er endlich dort ankam.

Und dann sah er sie - die vielen Menschen,

Autos und Transporter.

Doch anstatt das Sennehaus abzureißen,

begaben sich die Menschen an verschie-dene

Stellen des Hauses und des Grundstücks,

um mit Renovierungsarbeiten

anzufangen.

Wohlwissend, dass ihn keiner sehen konnte,

betrat Benjamin neugierig das Haus,

um Näheres zu erfahren.

Mitten in dem Raum, wo früher das

Wohnzimmer seiner Eltern gewesen war,

sah er zwei Männer stehen, wovon einer

einen Stift und einen Block in der Hand

sowie eine große weiße Papierrolle unter

dem Arm hielt, während der andere Mann

irgend etwas mit seinen Händen vorzeigte.

Beim Näherkommen hörte Benjamin, wie

dieser Mann sagte:

"Hier möchte ich einen großen Kamin

hinhaben. Alle Räume sollen hell und

freundlich sein, und in die beiden Kinderzimmer

sollen eingebaute Wandschränke,

damit meine Kinder genug

Platz zum Spielen haben."

Es war, als zöge ein Schleier vor Ben-jamins

Augen, und wie aus weiter Ferne

hörte er nur noch das Wort "Kinder".

Wie ein Echo klang dieses Wort dumpf

in seinen Ohren.

Dann kam Leben in Benjamin, und mit

einem Freudenschrei rannte er hinaus zur

alten Eule, um ihr die Neuigkeit, die er

gerade erfahren hatte, zu erzählen.

Während die Renovierungsarbeiten am

Sennehaus zügig voranschritten, saß Benjamin

draußen bei seiner Freundin, der alten

Eule, auf dem Baum und beobachtete von

dort aus das bunte Treiben.

"Sag mal, Weise, kannst du dir vorstellen,

wie lange es noch dauert, bis die Menschen

dort mit ihrer Arbeit fertig sind?"

"Nein", erwiderte die Eule, "es kommt

darauf an, was dort alles im Ganzen getan

werden muß. Deshalb weiß man nie genau,

wie lange so etwas dauert.

Du weißt doch, Benjamin, dass alles seine

Zeit und alles seine Stunde hat. Du

mußt lernen, Geduld zu haben!

Alles wird genauso kommen, wie es

geschrieben steht im 'Großen Buch des

Lebens'."

"Geduld, Geduld - wie lange muß ich

sie denn noch haben?" murmelte Benjamin

ärgerlich in sich hinein. "Geduld

haben zu müssen, ist so schrecklich

langweilig."

Plötzlich wurde Benjamin durch Geräusche

aufgeschreckt, die ihm nicht

bekannt waren. Als er zur Vorderseite

des Sennehauses eilte, sah er, wie die

Männer alle Arbeitssachen einpackten

und kurz darauf mit ihren Autos davonfuhren.

Verdutzt schaute Benjamin den Autos

nach, die im Schein der Abendsonne langsam

am Horizont verschwanden.

Außer dem Rauschen der Bäume im Wind

und dem Singen der Vögel war nichts

mehr zu hören.

Urplötzlich kam Leben in Benjamin, und

mit schnellen Schritten lief er den Weg

zum Sennehaus zurück.

Als er dort ankam, lief Benjamin durch

die geschlossene Eingangstür des Sennehauses

und blieb mit offenem Mund

und großen Augen im Flur stehen.

"Geisterfloh und Morschelbart! Wow!"

sagte Benjamin, als er sah, wie sehr sich

das Haus von innen her verändert hatte.

Bis auf die Treppe, die nach oben führte,

deutete nichts mehr darauf hin, dass

er - Benjamin - mal mit seinen Eltern

hier gelebt hatte.

Alles war so anders. Die Fenster waren so

groß, und es waren so viele, dass alle

Räume vom Sonnenlicht der untergehenden

Sonne sanft und warm durchstrahlt

wurden.

In Benjamin breitete sich eine eigenartige

Stimmung aus. Er fühlte sich auf

einmal so leicht, so ruhig, ja, richtig wohl

und befreit.

Mit diesem wohltuenden Befinden ging

er ganz langsam die Treppe hoch, die zu

dem oberen Stockwerk führte.

Auch hier oben empfand Benjamin dasselbe

Gefühl. Denn auch hier hatte sich

alles verändert.

Am Ende des Ganges fand Benjamin die

zwei Kinderzimmer. Sie waren an das

Sennehaus angebaut worden und durch

einen großen Balkon miteinander verbunden.

In beiden Zimmern hatte man durch

eine große Fensterfront einen wunderbaren

Ausblick auf die alte mächtige Buche

und den dahinterliegenden Wald.

Im Sommer bzw. schon im Frühjahr,

wenn alles blühen wird - die Blumen, die

Apfel- und Birnbäume und die Wiese

mit ihren zahlreichen Wiesenblumen -,

dann hat man einen Ausblick, der einem

Kraft, Liebe und ein Glücksgefühl schenkt.

Ja, Benjamin war jetzt schon glücklich.

So glücklich wie schon seit langer Zeit

nicht mehr.

Jetzt fehlten nur noch die Bewohner

dieses Hauses, vor allem die Kinder.

"Wann sie wohl kommen werden?" fragte

sich Benjamin und schaute gedankenverloren

zur alten Buche hin. "Geduld,

Benjamin, habe Geduld!" rauschte es von

der Buche zu ihm herüber.

"Ja, Weise, die will ich haben", sagte

Benjamin. Damit drehte er sich um und

verschwand ganz langsam im 'Nichts'.

Der Frühling kam, und alles wurde wieder

grün. Die Blumen leuchteten in allen Regenbogenfarben,

es roch nach frischem

Moos, nach Blumen und feuchter Erde.

Benjamin streifte ruhelos im Wald umher.

Dabei traf er Fräulein Xenia, die

Elster, die eifrig Gras und Moosbüschel

mit ihrem Schnabel aufpickte. "Guten

Morgen, Benjamin", begrüßte sie ihren

großen Freund.




"Guten Morgen, Fräulein Xenia. Was tust

du denn da so eifrig?" fragte Benjamin

die Elster.

"Oh, ich suche Material für ein neues

Nest. Das letzte hat leider dem Winter

und den Frühlingsstürmen nicht standgehalten.

Als ich die Bescherung heute

morgen sah, habe ich den Rest vom

Baum geschmissen, um ein neues am

selben Platz zu bauen." - "Aber warum

bleibst du denn nicht bei der alten Buche

wohnen?" wollte Benjamin wis-sen.

"Benjamin", sagte die Elster etwas vorwurfsvoll,

"es ist Frühling, da lebe ich

lieber hier draußen unter freiem Himmel.

Die Nächte werden wärmer, die anderen

Tiere kehren jetzt auch wieder hierher

zurück, es wird alles voller Leben sein.

Außerdem möchte ich die Gastfreundschaft

unserer 'Weisen' nicht überbeanspruchen,

und zum anderen ist es mir

lieber, wenn mein Nest nicht zu nahe bei

den Menschen ist. Du weißt doch, Ben-jamin,

dass wir es immer gewesen sind,

wenn bei den Menschen etwas verschwindet,

was für sie wertvoll er-scheint."

"Ist schon gut, Fräulein Xenia", erwiderte

Benjamin, "ich weiß, was du

meinst. Hauptsache, wir bleiben auch

weiterhin Freunde wie bisher."

"Worauf du dich verlassen kannst, Benjamin",

sagte die Elster und verschwand

irgendwo zwischen den Bäumen.

Nach diesem Gespräch setzte Benjamin

seinen ruhelosen Weg fort.

Nach ungefähr 100 m fand Benjamin eine

stabile Astgabel. Als er sie hochhob,

blitzte auf einmal eine Idee in ihm hoch.

Schnell lief Benjamin mit der Astgabel

zurück zur alten Buche, setzte sich ins

mittlerweile trockene Gras und fing an,

mit seinem Messer, das er im Sennehaus

gefunden hatte, an der Astgabel herumzuschnitzen.

Bald standen ihm die Schweißperlen auf

der Stirn, so vertieft und intensiv arbeitete

Benjamin daran. Erst die Stimme

der alten Eule holte ihn in die Gegenwart

zurück.

"Benjamin, Benjamin (langgezogen gesprochen)!

Ei, Benjamin!" rief die Eule

hinunter. "Ah, ja? - Was ist denn, Weise?"

fragte Benjamin und schaute hinauf

zu dem Ast, auf dem die Eule saß.

"Was arbeitest du so intensiv an der

Astgabel herum?"

"Äh, eigentlich nichts besonderes. Wenn

ich fertig bin, soll dies eine ganz besondere

Schleuder sein - nämlich meine."

"Und wenn du sie fertig hast, Benjamin,

was hast du dann mit ihr vor?" fragte

die Eule.

"Nun", erwiderte Benjamin, "das weiß

ich jetzt noch nicht, doch ganz bestimmt

nichts Schlimmes. Ehrenwort, Weise!"

"Ich glaube dir dein 'Ehrenwort', Benjamin.

Doch vergiß bitte niemals, dass du

sie nie zum Schaden anderer verwenden

darfst! Das ist sehr, sehr wichtig!"

"Ganz bestimmt werde ich dies niemals

tun, Weise."

"Dann will ich dich nicht weiter aufhalten,

Benjamin", sagte die Eule und

flog davon.

Sogleich begann Benjamin mit seiner

Arbeit auf's Neue. Er war mittlerweile

wieder so vertieft in seine Schnitzarbeit,

dass er die Geräusche, die vom Senne-haus

herkamen, gar nicht wahrnahm.

Erst das Bellen eines Hundes und die

Stimmen zweier Kinder ließen ihn erschrocken

aufblicken und aufspringen.

Dabei fielen ihm die fast fertige Schleuder

und das Messer aus den Händen.

Ehe Benjamin überhaupt begriff, was

geschah, standen sie sich gegenüber

-Benjamin, der Junge, das Mädchen und

der Hund. -

Alles wäre ja nicht so schlimm ge-wesen.

Doch als Benjamin von dem Jungen

gefragt wurde, wer er denn sei und ob

er hier in der Nähe wohne, war es mit

seiner Fassung vorbei.

Schwupp, weg war Benjamin.

"War das jetzt echt oder nicht?" fragte

der Junge seine Schwester.

"Ich weiß es nicht, Mikki. Das ging alles

so schnell. Ob es ein Geist war?"

"Wer weiß. Vielleicht. Komm, Maike, laß

uns zu Mam und Paps laufen. Vielleicht

können sie es uns erklären!"

Als sich die beiden umdrehten, fiel ihr

Blick auf die Schleuder und das Messer.

Mikki bückte sich, um sie aufzuheben.

"Sieh mal, Maike! Da steht ein Name

drauf!"

Mikki las: "B-E-N-J-A-M-I-N".

"Mm, eigenartig. Weißt du was, Maike?

Ich halte es für besser, wenn wir dies

hier für uns behalten. - Zumindest vorerst.

Glaubst du es auch?"

."Du hast Recht, Mikki", sagte seine

Schwester, "denn wenn es ein Geist war,

dann müssen wir so fair sein und ihn

erst einmal fragen, falls wir ihn noch

einmal sehen, ob es ihm recht ist, anderen

von seiner Existenz zu erzählen." -"

Toll", sagte Mikki, "gerade erst hier

angekommen, und schon haben wir ein

Super-Geheimnis!" Schnell verstauten sie

die gefundenen Sachen in ihren Hosentaschen

und liefen zurück zum Sennehaus.

Nur der Hund, der von allen Mr. Wuff

gerufen wurde, blieb bei der Buche zurück.

Mit freundlichen Augen blickte er

zur Buche hoch und erblickte die riesige

weiße Eule, die wie aus dem 'Nichts'

plötzlich wieder aufgetaucht war.

"Ja, Mr. Wuff, jetzt nimmt alles seinen

Lauf. Paß gut auf die Drei auf, sie werden

dich brauchen!" sagte die Eule.

"Wuff - ich weiß es, deshalb bin ich ja

auch hier, Weise." Dann lief Mr. Wuff

ebenfalls zurück zum Sennehaus, um

nach Mikki und Maike zu sehen.

Keiner von den 'Dreien', weder Benjamin,

Mikki noch Maike, ahnten zu diesem

Zeitpunkt etwas von den Abenteuern,

die vor ihnen lagen.

- Abenteuer, die sie durch die Welt der

Geister, Elfen, Feen, Zwerge und Gnome,

der Bäume, Pflanzen und Tiere führen

werden. -

Abenteuer, die für sie neue Freunde

und Erkenntnisse bereithalten. --

Abenteuer, die sie erkennen lassen, dass

Phantasie 'Realität' ist und Gedanken,

die man hat, sehr mächtig sind. -Als

Mikki und Maike am Sennehaus ankamen, wurden gerade die Möbelwagen abgeladen.

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